Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein Immobilienobjekt

Der bei der Anschaffung eines Immobilienobjekts gezahlte Gesamtkaufpreis ist zur Ermittlung der Abschreibungsbemessungsgrundlage in einen Gebäude- sowie in einen Grund- und Bodenanteil aufzuteilen. Dies ist in der Praxis zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung besonders streitanfällig. Denn der Steuerpflichtige begehrt regelmäßig ein hohes Abschreibungsvolumen betreffend das Gebäude. Ein Nachweis über Sachverständigengutachten unter Heranziehung des am besten geeigneten Wertermittlungsverfahrens nach der Immobilienwertverordnung (ImmoWertV) – Vergleichswertverfahren, Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren - ist meist unumgänglich. Die Finanzverwaltung bestimmt hingegen das Wertermittlungsverfahren u.a. typisierend entsprechend der jeweiligen Gebäudeart. Der BFH beantwortet in seinem Urteil vom 20.09.2022 (Az. IX R 12/21) daher die wichtige Frage, wann welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist.

Im Streitfall erwarb eine vermögensverwaltende GbR im Jahr 2013 eine Eigentumswohnung zum Kaufpreis i.H.v. EUR 158.500. Die GbR ermittelte daraus einen Gebäudeanteil von rund 84 % und legte ein entsprechendes Sachverständigengutachten unter Anwendung des Ertragswertverfahrens vor. Nach Auffassung des Finanzamts war hingegen das Sachwertverfahren anzuwenden; es ermittelte einen Gesamtsachwert i.H.v. EUR 52.086 sowie einen Gebäudeanteil von 51 %. Im erstinstanzlichen Finanzgerichtsverfahren bestätigte ein weiteres Sachverständigengutachten die Auffassung der GbR. Das Finanzgericht verlangte allerdings darüber hinaus eine ergänzende Wertermittlung nach dem Sachwertverfahren. Obwohl dies nach Auffassung des Sachverständigen zu unsachgemäßen Ergebnissen führte, hielt das Finanzgericht eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens für angemessen. Dagegen wandte sich die GbR im Revisionsverfahren.

Der BFH bestätigt in seinem Urteil zunächst die grundsätzliche Anwendbarkeit der Wertermittlungsverfahren nach der ImmoWertV für die Kaufpreisaufteilung. Nach dem Gesetzeswortlaut besteht aber entgegen den Auffassungen von Finanzverwaltung und erstinstanzlichem Finanzgericht weder eine Verallgemeinerung noch ein typisierender Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten. Welches der drei grundsätzlich gleichwertigen Wertermittlungsverfahren konkret anzuwenden ist, ist vielmehr nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden.

Das Vergleichswertverfahren bietet sich bei der Ermittlung von Bodenwerten und - bei Vorliegen einer ausreichenden Datenbasis - auch bei bebauten Grundstücken an.

Eine Anwendung des Sachwertverfahrens ist in Betracht zu ziehen, wenn es sich um „Sonderobjekte“ (etwa denkmalgeschützte Immobilien) handelt oder wenn vergleichbare Objekte regelmäßig durch Käufer erworben werden, deren Alternative im Neubau eines entsprechenden Objekts besteht, was am ehesten bei eigengenutzten oder vermieteten (Wohn-)Immobilien im Privatvermögen der Fall sein dürfte. Denn bei diesen Gebäudearten dürfte regelmäßig davon auszugehen sein, dass für den Erwerb neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend ist.

Auf das Ertragswertverfahren soll zurückgegriffen werden, wenn vergleichbare Objekte üblicherweise mit der Absicht erworben werden, Erträge zu erzielen und/oder den Wert des eingesetzten Kapitals zu vermehren, wie insbesondere bei Geschäftsgrundstücken. Dies kann aber auch auf Mietwohngebäude im Privatvermögen zutreffen, wenn es sich im Einzelfall – etwa mit Blick auf den Renovierungszustand oder die begehrte innerstädtische Lage – um Renditeobjekte handelt und das Sachwertverfahren nicht in gleicher Weise zur Wertfindung geeignet erscheint. Ein Indiz kann insbesondere eine erhebliche Abweichung zwischen dem im Sachwertverfahren ermittelten Wert sowie dem vereinbarten und tatsächlich gezahlten Kaufpreis sein.

Der BFH überträgt diese Grundsätze auf die streitgegenständliche Eigentumswohnung. Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung des Immobilienmarkts weist er darauf hin, dass auch reine Wohnimmobilien als Renditeobjekte angesehen werden können; dem Erwerb eigengenutzter oder vermieteter Eigentumswohnungen liegen daher regelmäßig auch Ertragsüberlegungen zugrunde, was die Anwendung des Ertragswertverfahrens rechtfertigt. Dabei war auch einzubeziehen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Eigentumswohnung um eine in einer beliebten Ferienregion gelegene, ausschließlich zur Fremdvermietung bestimmte Ferienwohnung handelt.

Ferner entsprachen die vorliegend seitens des Finanzamts im Sachwertverfahren ermittelten Werte nicht im Geringsten den realen Wertverhältnissen; sie können also der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. So betrug der Gesamtsachwert EUR 52.086, wohingegen sich die tatsächlich von der GbR getragenen Anschaffungskosten auf EUR 158.500 beliefen. Es wird also deutlich, dass dem Anschaffungsvorgang auf Seiten der GbR nicht vordergründig Erwägungen zur Schaffung von wertstabilem Vermögen und/oder zur Erzielung nicht steuerbarer Wertsteigerungen zugrunde lagen. Vielmehr waren die aus dem Objekt erzielbaren Erträge für die Kaufentscheidung bestimmend.

Der BFH wies das Verfahren an das Finanzgericht zurück, das nunmehr im zweiten Rechtsgang die Aufteilung des Gesamtkaufpreises unter Anwendung der vom BFH aufgestellten Kriterien und deren Anwendung auf den konkreten Einzelfall sachgerecht vorzunehmen hat.

Hinweise: Der BFH erleichtert mit seiner aktuellen Entscheidung die Wahl des Wertermittlungsverfahrens für die vorzunehmende Kaufpreisaufteilung zwecks Bestimmung der Abschreibungsbemessungsgrundlage. In der Praxis sollte zudem stets geprüft werden, ob der vom Sachverständigen oder vom Finanzamt ermittelte Gesamtwert überhaupt dem Gesamtkaufpreis entspricht. Ist dies nämlich – wie im Streitfall – nicht der Fall, könnte das gewählte Wertermittlungsverfahren nicht sachgerecht sein.

 

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