Betroffene Unternehmen: Unternehmen von öffentlichem Interesse (EU-PIE)
Erstanwendung: 1. Juli 2021 Spezielle Übergangsregelung für bestimmte Unternehmen (Art. 86 Abs. 2 EGHGB)
Gesetzliche Regelung
§ 318 Abs. 1a HGB, der die Möglichkeit der Verlängerung der Höchstlaufzeit des Prüfungsmandats auf 20 Jahre bzw. auf 24 Jahre im Falle eines Joint Audits ermöglichte, wurde gestrichen.
Erläuterung
- Alle Unternehmen von öffentlichem Interesse dürfen nur noch maximal zehn Jahre in Folge durch denselben Abschlussprüfer geprüft werden.
- Danach muss der Abschlussprüfer gewechselt werden.
- Für die Bestellung eines neuen Abschlussprüfers ist ein im Einklang mit Art. 16 Abs. 2 bis 5 EU-APrVO durchgeführtes Auswahl- und Vorschlagsverfahren (u.a. Ausschreibung unter Beachtung der Vorgaben des Art. 16 Abs. 3) durchzuführen.
Die Übergangsregelung des Art. 86 Abs. 2 EGHGB
- In den Anwendungsbereich der Übergangsregelung fallen alle Unternehmen, bei denen die Mandatslaufzeit des Abschlussprüfers bereits über zehn Jahre hinaus verlängert wurde oder bei denen am 30. Juni 2021 die Voraussetzungen des § 318 Abs. 1a HGB für eine Verlängerung erfüllt sind.
- Die Voraussetzungen des § 318 Abs. 1a HGB sind nach Auffassung des IDW erfüllt, wenn
- die Höchstlaufzeit von zehn Jahren am 30. Juni 2021 erreicht ist,
- das Ausschreibungsverfahren abgeschlossen ist,
- der Prüfungsausschuss dem Aufsichtsrat mindestens zwei Vorschläge und seine Präferenz für einen der beiden Vorschläge unterbreitet hat (Art. 16 Abs. 2 EU-APrVO)
- und der Aufsichtsrat den Beschluss zum an die Hauptversammlung gerichteten Vorschlag für den zu wählenden Abschlussprüfer gefasst hat.
- Bei den in den Anwendungsbereich der Übergangsregelung fallenden Unternehmen ist eine Verlängerung der Mandatslaufzeit noch für das nach dem 30. Juni 2021 beginnende Geschäftsjahr und das unmittelbar auf dieses folgende Geschäftsjahr möglich.
- Bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr muss nach der Übergangsregelung für die Abschlussprüfung zum 31.12.2024 ein neuer Abschlussprüfer bestellt werden, unabhängig davon, ob die Prüfung zum 31.12.2020 die zehnte oder die 17. Prüfung durch denselben Abschlussprüfer in Folge war.
- Die vor dem FISG mögliche maximale Mandatslaufzeit von 20 Jahren (der Fall des Joint Audit soll hier nicht weiter betrachtet werden) kann trotz bereits erfolgter öffentlicher Ausschreibung nicht mehr erreicht werden, es sei denn der nach der Übergangsregelung notwendige Wechsel des Abschlussprüfers fällt mit dem Ende der 20-jährigen Höchstlaufzeit zusammen.
Beispiel
Die Abschlussprüfung der börsennotierten Gesellschaft G zum 31.12.2020 ist die zehnte Abschlussprüfung durch WPG W in Folge. Für die Abschlussprüfung zum 31.12.2021 wurde ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchgeführt und die Hauptversammlung hat WPG W für die Prüfung zum 31.12.2021 am 30. Juni 2021 bereits wiedergewählt.
Nach der Übergangsregelung darf W noch das nach dem 30. Juni 2021 beginnende Geschäftsjahr (1. Januar bis 31. Dezember 2022) und das unmittelbar auf dieses folgende Geschäftsjahr (1. Januar bis 31. Dezember 2023) prüfen. W darf die Abschlüsse nicht mehr bis zum Erreichen der ununterbrochenen Mandatslaufzeit von 20 Jahren am 31.12.2030 prüfen (sofern W weiterhin durch G bestellt wird), sondern G muss spätestens für die Prüfung zum 31.12.2024 eine Ausschreibung durchführen und einen neuen Abschlussprüfer bestellen.
Variante
Die Abschlussprüfung der börsennotierten Gesellschaft G zum 31.12.2020 ist die 17. Abschlussprüfung durch WPG W in Folge. Für die Abschlussprüfung zum 31.12.2014 war ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchgeführt worden und die maximal mögliche Höchstlaufzeit des Prüfungsmandats auf 20 Jahre verlängert worden.
Nach der Übergangsregelung darf W noch das nach dem 30. Juni 2021 beginnende Geschäftsjahr (1. Januar bis 31. Dezember 2022) und das unmittelbar auf dieses folgende Geschäftsjahr (1. Januar bis 31. Dezember 2023) prüfen. Das Erreichen der Höchstlaufzeit von 20 Jahren fällt in diesem Fall mit der gem. der Übergangsregelung letztmals möglichen Prüfung durch W zusammen. G muss spätestens für die Prüfung zum 31.12.2024 eine Ausschreibung durchführen und einen neuen Abschlussprüfer bestellen.
Die Übergangsregelung des Art. 86 Abs. 2 EGHGB führt dazu, dass in den kommenden Jahren eine Vielzahl an Unternehmen ihre Abschlussprüfungen ausschreiben müssen, die nach den alten Regelungen ohne Ausschreibung noch hätten durch den bestehenden Abschlussprüfer geprüft werden dürfen. Die meisten Ausschreibungen werden die Prüfungen zum 31.12.2024 betreffen.
Handlungsbedarf
- Ermittlung des Geschäftsjahres, für dessen Prüfung nach der neuen Regelung ein Abschlussprüferwechsel stattfinden muss
- Ggfs. Prüfung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der speziellen Übergangsregelung des Art. 86 Abs. 2 EGHGB
- Überlegungen zum optimalen Zeitpunkt der Ausschreibung der Abschlussprüfung