ESMA veröffentlicht Prüfungsschwerpunkte

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat am 24. Oktober 2024 die gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkte für die Unternehmensberichterstattung 2024 veröffentlicht.1 Diese werden von der ESMA zusammen mit den jeweiligen nationalen Enforcement-Instanzen in Europa festgelegt. Davon unbenommen bleibt, dass die BaFin-Prüfungen grundsätzlich nicht nur die Schwerpunkte, sondern auch andere Aspekte im Abschluss hinsichtlich potenzieller Fehler aus wesentlich falscher Bilanzierung/Darstellung adressieren. Die ESMA stellt dabei insbesondere die Verantwortlichkeit der Management- und Überwachungsorgane für die Qualität der Berichterstattung und Kontrollen heraus.

Die ESMA hat die Prüfungsschwerpunkte in drei Sektionen (Abschnitt 1 - 3) aufgeteilt:

IFRS-Abschlüsse
(Abschnitt 1)
Nachhaltigkeitsberichterstattung
(Abschnitt 2)
ESEF Reporting
(Abschnitt 3)
Liquidität Wesentlichkeitsüberlegungen gem. ESRS Übliche Fehler
in der Bilanz
Bilanzierungsmethoden, Ermessen und wesentliche Schätzungen Anwendungsbereich und Struktur des Nachhaltigkeitsberichts  
Allgemeine Erinnerungen (kein direkter Teil der Prüfungsschwerpunkte)
(Abschnitt 4)
Connectivity IFRS 17 Anforderungen APMs
Nachhaltigkeitsberichterstattung ESEF  

Abschnitt 1: IFRS-Abschlüsse

Die ESMA stellt auch in den diesjährigen Prüfungsschwerpunkten die Wichtigkeit von Anhangangaben bezogen auf die Unternehmensliquidität heraus, insbesondere in Hinblick auf die neuen Anhangangaben des IAS 7 zu Lieferkettenfinanzierungen bzw. deren Auswirkung auf die Liquiditätslage. Zudem wird an die Klarstellungen und die neuen Anhangangaben, die mit der Änderung des IAS 1 einhergehen, sowie die Angabeerfordernisse nach IFRS 7, etwa bei Brüchen von Covenants, erinnert. Hierbei geht es speziell um die Darstellung des Risikos einer „Fälligstellung“ innerhalb der nächsten 12 Monate (Nichteinhaltung, Neuverhandlungen etc.). Die neue Angabepflicht nimmt Bezug auf Covenants, bei denen eine Prüfung nach dem Bilanzstichtag vorgesehen ist, so dass das Risiko einer Fälligstellung erst nach dem Bilanzstichtag bekannt wird. Überdies erinnert die ESMA an bestimmte Feststellungen bezogen auf die Kapitalflussrechnung, so u.a. an die Darstellung auf Bruttobasis, nicht pagatorische Sachverhalte sowie die Einstufung von Kontokorrentkonten bei Kontoüberziehungen. Auch wird hinsichtlich der Darstellung von Bilanzierungsmethoden zu mehr Transparenz aufgefordert.

Hinsichtlich der wesentlichen Rechnungslegungsgrundsätze, Ermessensentscheidungen und Quellen von Schätzungsunsicherheiten wird die Notwendigkeit individueller Angaben im Anhang unterstrichen und auf deren Konsistenzerfordernis im Kontext der Berichterstattung hingewiesen. Es geht nicht darum, die IFRS-Anforderungen lediglich zu wiederholen, sondern einen individuellen Einblick zu gewähren.

Dazu gehören u.a. folgende Entscheidungen:

  • Bestehen von Kontrolle, gemeinsamer Kontrolle und wesentlichem Einfluss, u.a. dann, wenn Stimmrechte nicht relevant sind;
  • Umsatzerlösrealisation:
    • Langfristig laufende Projekte (vernünftige Schätzungen von Umsätzen und Kosten sowie Berücksichtigung von Drohverlustrückstellungen),
    • Prinzipal-Agenten-Beziehungen (wesentliche Ermessensentscheidungen) sowie
    • Anhangangaben zum Auftragsbestand o.ä. Informationen.

Abschnitt 2: Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die ESMA erinnert an die Wichtigkeit der Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS und zudem daran, dass bei der Wesentlichkeitsanalyse sowohl eine Auswirkungs- als auch eine finanzielle Dimension zu beachten ist. Dazu wird auf die Implementation Guidance der EFRAG sowie die Bedeutung einer detaillierten Beschreibung der Vorgehensweise bei der Analyse hingewiesen. Hierzu zählt auch eine explizite Darstellung der Prozesse zur Berücksichtigung und Priorisierung von (Schlüssel-)Stakeholdern.

Die ESMA verweist auf Folgendes:

  • Verpflichtung bestimmter Anhangangaben unabhängig von der Wesentlichkeit (z.B. ESRS 2);
  • Angaben zur Wesentlichkeit im Zuge bestimmter Erleichterungen (phase-in bestimmter Unternehmen);
  • Regeltechnische Gleichstellung der ESRS-Anwendungsleitlinien mit den ESRS-Hauptstandards;
  • Bestehen erweiterter Transparenzregelungen für ESRS E1 Klimawandel, wenn die Angaben des ESRS 1 nicht erfolgen (vgl. ESRS 2.57);
  • Notwendigkeit der Auflistung aller Datenpunkte in einer Übersicht.

Darüber hinaus soll der Nachhaltigkeitsbericht das gleiche Berichtsobjekt umfassen wie der Konzern- bzw. Jahresabschluss. Dies soll der Aufsteller zum einen bestätigen, zum anderen auch alle dazugehörigen Daten der Gruppe (auch der Wertschöpfungskette) mit wesentlichem Einfluss in die Berichterstattung aufnehmen. Bzgl. der Struktur des Nachhaltigkeitsberichts weist die ESMA auf die in den ESRS bestehenden Vorgaben hin (ESRS 1.8) sowie auf die Verweismöglichkeiten (ESRS 1.9.1). Es wird ebenfalls auf ESRS 1.124 hingewiesen, wonach für den Fall, dass Informationen sowohl im Nachhaltigkeits- als auch Finanzbericht enthalten sind, im Nachhaltigkeitsbericht auf die entsprechenden Informationen im Finanzbericht zu verweisen ist.

Die bisher durch die ESMA ausgesprochenen Empfehlungen für die Anhangangaben nach Art. 8 der EU-Taxonomieverordnung, im Zuge der Veröffentlichung der Prüfungsschwerpunkte 2023, bleiben weiterhin gültig (Vermeidung von Doppelzählungen, Berichterstattung über Investitionspläne, Verwendung der festgelegten Muster der Taxonomie-Dokumente etc.) und auch, dass nur in bestimmten Fällen die Muster 2 – 5 (Nr. 1 Anhang XII) weggelassen werden können (nur Angabe Muster 1). Bzgl. der neuen Vorlagen mit allen Umweltzielen wird auf die enge Orientierung am Artikel 8 der Taxonomie hingewiesen. Sofern Aktivitäten für mehrere Ziele relevant sind, sind diese jeweils zielbezogen zu prüfen sowie über die Eignung zu berichten. Daneben treten weitere Hinweise zur Berichterstattung zur Taxonomie sowie zu Publikationen der ESMA betreffend allgemeiner Anwendungsfragen im Finanzdienstleistungssektor.

Abschnitt 3: ESEF Reporting

Dazu möchte die ESMA auch folgende typische ESEF-Fehlerquellen einer näheren Betrachtung unterziehen. Berichtsaufsteller sollten deshalb die Auswirkungen dieser in Abschlüssen typischerweise vorzufindenden Fehlerquellen auf die eigene Berichterstattung untersuchen.

  • Richtigkeit von Markups
  • Taxonomie-Erweiterungen und -Verankerung
  • Konsistenz und Vollständigkeit von Markups
  • Konsistenz der Berechnungen
  • Technische Richtigkeit
 

Abschnitt 4: Allgemeine Erinnerungen

Im letzten Abschnitt macht die ESMA allgemeine Anmerkungen und gibt auch nochmal Hinweise zu Prüfungsschwerpunkten der letzten Jahre. Nichtsdestotrotz hält die ESMA Unternehmen, Abschlussprüferinnen und Abschlussprüfer sowie Überwachungsorgane dazu an, diese Punkte weiter zu beachten.

Die ESMA bezieht sich vor allem auf:

  • Konnektivität der Berichtswerke (nicht-finanzieller und finanzieller Bericht) mit Aufruf zur Beachtung von Konsistenz sowie der jüngsten Entscheidung des IFRS IC zu Bilanzierungsentscheidungen betreffend Umweltthemen sowie dem Entwurf des IASB zu Beispielen zur Berichterstattung über klimabezogene und andere Unsicherheiten im Abschluss.
  • Hinweis auf ESMA-Publikationen betreffend IFRS 17 oder Emissionshandelsprogramme sowie hinsichtlich der Anwendung der CSRD.
  • Allgemeinen Anmerkungen/Publikationen der ESMA zu APMs sowie die Anwendung von APMs im Kontext von IFRS 18.
  • Digitalisierung durch die CSRD-Berichterstattung (ESEF; derzeitige Erleichterungen, Lesbarkeit extrahierter Informationen bei Block Tagging) sowie dahingehende ESMA-Publikationen.
 

1 https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/2024-10/ESMA32-193237008-8369_2024_ECEP_Statement.pdf