Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der CSRD – Die wichtigsten Aspekte
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der CSRD – Die wichtigsten Aspekte
Am 22. März 2024 hat das Bundesministerium für Justiz den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in deutsches Recht veröffentlicht. Die wichtigsten Aspekte des Entwurfs betrafen den Anwenderkreis und die Regelungen zum Prüfer der Nachhaltigkeitsberichte.
Der am 24. Juli 2024 veröffentlichte Regierungsentwurf enthält im Wesentlichen Klarstellungen zum Referentenentwurf sowie eine Verschiebung der Pflicht zur Aufstellung des (Konzern-)Lageberichts im ESEF-Format und zur Auszeichnung des Nachhaltigkeitsberichts. Für bestimmte Unternehmen der Finanzbranche wurden zusätzliche Befreiungsregelungen eingeführt.
Im Folgenden gehen wir auf die wichtigsten Aspekte des Gesetzentwurfs ein.
Anwenderkreis – Welche Unternehmen müssen zukünftig ihren Lagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht erweitern?
Der Kreis der nach den neuen Vorschriften berichtspflichtigen Unternehmen umfasst in Umsetzung der CSRD grundsätzlich folgende Unternehmen:
- kapitalmarktorientierte Unternehmen i.S.d. § 264d HGB mit Ausnahme von Kleinstkapitalgesellschaften
- große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB
- große haftungsbeschränkte Personengesellschaften i.S.d. § 264a HGB
Kreditinstitute1 und Versicherungsunternehmen2 fallen rechtsformunabhängig in den Anwendungsbereich der neuen Vorschriften, sofern diese
- bilanzrechtlich groß oder
- kapitalmarktorientiert iSd § 264d und kein Kleinstkreditinstitut bzw. kein Kleinstversicherungsunternehmen sind.
Förderbanken i.S.d. Art. 2 Abs. 5 Nr. 5 der Richtlinie 2013/36/EU sind zur Aufstellung eines Nachhaltigkeitsberichts nur verpflichtet, wenn sie eine Bilanzsumme von 300 Mrd. EUR überschreiten und kapitalmarktorientiert sind.
Pensionsfonds und Pensionskassen, die nicht in der Rechtsform einer AG oder SE betrieben werden, sind von der Nachhaltigkeitsberichterstattung befreit.
Mutterunternehmen, bei denen die Voraussetzungen für eine größenabhängige Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernlageberichts gem. § 293 HGB nicht vorliegen, müssen ihren Konzernlagebericht um einen Konzernnachhaltigkeitsbericht erweitern.
Auch große kapitalmarktorientierte Genossenschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind zur Berichterstattung verpflichtet (§ 336 HGB-E).
Demgegenüber sind keine Änderungen des Publizitätsgesetzes geplant. Das bedeutet, dass Unternehmen, die nur aufgrund des Publizitätsgesetzes einen (Konzern-) Lagebericht aufstellen, von den Anforderungen zur Erweiterung des (Konzern-) Lageberichts um einen Nachhaltigkeitsberichts nicht betroffen sein sollen.
Unternehmen aus Drittstaaten mit wesentlichen Tätigkeiten in der EU und dem EWR (Umsatzerlöse in den letzten beiden aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren > 150 Mio. EUR) müssen einen Konzernnachhaltigkeitsbericht erstellen, prüfen lassen und offenlegen, sofern ein Tochterunternehmen in der EU bilanzrechtlich groß oder ein kleines bzw. mittelgroßes kapitalmarktorientiertes Unternehmen ist oder eine Zweigniederlassung in der EU oder dem EWR Umsatzerlöse von mehr als 40 Mio. EUR erwirtschaftet. Der Konzernnachhaltigkeitsbericht ist in Übereinstimmung mit den ESRS, den noch zu erlassenden ESRS für Drittstaatenunternehmen oder gleichwertigen Standards aufzustellen. Erstellt die Muttergesellschaft keinen solchen Bericht, ist das Tochterunternehmen bzw. die Zweigniederlassung verpflichtet, den Konzernnachhaltigkeitsbericht zu erstellen.
Zeitlich gestaffelte Einführung der Berichtspflichten
Die Pflicht zur Erweiterung des (Konzern-) Lageberichts um einen (Konzern-)Nachhaltigkeitsbericht erfolgt nach den gesetzlichen Regelungen - wie in der CSRD bereits vorgesehen - zeitlich gestaffelt:
- (Mutter-)Gesellschaften, die auch bisher schon zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet waren – dies sind i.W. Unternehmen von öffentlichem Interesse i.S.d. §316a Satz 2 HGB, die groß i.S.d. §267 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 bis 5 HGB sind, mit mehr als 500 Arbeitnehmern – müssen für nach dem 31. Dezember 2023 beginnende Geschäftsjahre erstmals nach den neuen Vorschriften berichten,
- große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 bis 5 HGB (und gleichgestellte große Personengesellschaften), Kreditinstitute und Versicherungen für nach dem 31. Dezember 2024 beginnende Geschäftsjahre,
- kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierte Unternehmen, kleine und nicht komplexe Kreditinstitute i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 der Verordnung (EU) Nr.575/2013 sowie firmeneigene (Rück-)Versicherungsunternehmen i.S.d. Art. 13 Nummer 2 bzw. Nummer 5 der Richtlinie 2009/138/EG für nach dem 31. Dezember 2025 beginnende Geschäftsjahre (mit der Möglichkeit einer Verschiebung um zwei weitere Jahre)
- und Unternehmen aus Drittstaaten mit wesentlichen Tätigkeiten in der EU und/oder dem EWR für nach dem 31. Dezember 2027 beginnende Geschäftsjahre.
Befreiungsregelungen
Berichtspflichtige Tochterunternehmen sind insbesondere dann von der Erweiterung ihres Lageberichts um einen Nachhaltigkeitsbericht befreit, wenn sie in einen konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht eines übergeordneten Mutterunternehmens einbezogen werden, dieser Bericht nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sowie unter Beachtung von Art. 8 der Verordnung (EU) 2020/852 (EU-Taxonomie-Verordnung) und den hierzu erlassenen delegierten Rechtsakten aufgestellt und geprüft wird sowie bestimmte weitere Voraussetzungen eingehalten werden.
Diese Befreiungsmöglichkeit besteht nach § 289b Abs. 2 HGB-E nicht für Kapitalgesellschaften, die kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB und groß i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 bis 5 HGB sind.
Für Tochterunternehmen von Gesellschaften mit Sitz in einem Drittstaat kann es auf Grund unterschiedlicher Erstanwendungszeitpunkte für die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU zu einem zeitlichen Auseinanderfallen der Berichterstattungspflichten kommen. D.h. auch bei der Möglichkeit zur Erstellung eines befreienden konsolidierten Nachhaltigkeitsberichts durch das Mutterunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat kann es zu einer vorgezogenen Berichtspflicht des Tochterunternehmens in der EU kommen.
Die Befreiungsregelungen hinsichtlich der Pflicht zur Erweiterung des Konzernlageberichts um einen Konzernnachhaltigkeitsbericht stehen neben den Regelungen betreffend die Befreiung von der Aufstellung des (restlichen) Konzernlageberichts. Es können daher Konstellationen eintreten, in denen ein Unternehmen zwar keinen Konzernlagebericht aufstellen muss, aber dennoch einen Konzernnachhaltigkeitsbericht.
Für Geschäftsjahre, die vor dem 7. Januar 2030 enden, gilt außerdem die Ausnahmeregelung zur „künstlichen Konsolidierung“. Nach dieser Regelung kann eine EU-Tochtergesellschaft einer Muttergesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat einen befreienden konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht für sämtliche berichtspflichtigen EU-Tochtergesellschaften aufstellen, sofern bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt sind.
Format der Berichterstattung
Berichtspflichtige Unternehmen haben nach § 289g HGB-E (bzw. 315e HGB-E) ihren (Konzern-) Lagebericht im European Single Electronic Format (ESEF) aufzustellen und den (Konzern-) Nachhaltigkeitsbericht auszuzeichnen. Dies soll jedoch erst für Geschäftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2025 beginnen. Dem öffentlich diskutierten Vorschlag, statt der “Aufstellungslösung” zu einer “Offenlegungslösung” umzuschwenken, ist der Gesetzgeber nicht gefolgt.
Berichtsumfang und Kontext zu anderen gesetzlichen Regelungen
Der Gesetzentwurf setzt die Berichterstattungspflichten nach der CSRD, d.h. im Wesentlichen die Berichterstattung nach den ESRS, in nationales Recht um, während die Berichterstattungspflichten nach Art. 8 der EU-Taxonomie-Verordnung unmittelbar gelten. Gesellschaften, die nicht in den Anwendungsbereich der Taxonomie-Verordnung fallen, müssen ausschließlich die nationalen Vorgaben zur Berichterstattung beachten. Dies betrifft insbesondere auch Gesellschaften, die aufgrund ihres Gesellschaftsvertrags oder anderer Vorschriften zu Bilanzierung nach den handelsrechtlichen Vorschriften für große Kapitalgesellschaften verpflichtet sind. Diese Gesellschaften müssen einen Nachhaltigkeitsbericht nach den neuen Vorgaben des HGB aufstellen, jedoch ohne die Angaben nach der Taxonomie-Verordnung.
Ebenso kann die Berichtspflicht nach § 10 Abs. 2 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) für Unternehmen, die gesetzlich verpflichtet sind, ihren (Konzern-)Lagebericht um einen (Konzern-)Nachhaltigkeitsbericht zu erweitern, entfallen. Dies gilt auch für in einen Konzernnachhaltigkeitsbericht einbezogene Tochterunternehmen, sofern das Mutterunternehmen die Berichtsanforderungen erfüllt.
Die Frist zur Einreichung eines Berichtes gemäß LkSG für Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2024 begonnen haben, soll auf bis zum 31. Dezember 2025 verschoben werden. Damit sollen Unternehmen genügend Zeit für eine Entscheidung im Hinblick auf die Ersetzungsbefugnis haben.
Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte und Berichterstattung
Die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung soll eine Vorbehaltsaufgabe der Wirtschaftsprüfer werden. Sowohl der Abschlussprüfer als auch ein anderer Wirtschaftsprüfer kann Nachhaltigkeitsprüfer sein.
Der Nachhaltigkeitsprüfer ist analog zum Abschlussprüfer gesondert durch die zuständigen Organe zu wählen. Für das laufende Geschäftsjahr 2024 ist eine Übergangsvorschrift vorgesehen für den Fall, dass die Wahl eines Nachhaltigkeitsprüfers unterblieben ist. In diesem Fall gilt der gewählte Abschlussprüfer auch als gewählter Prüfer der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Auf Grund der bereits anstehenden Hauptversammlungen vieler betroffener kapitalmarktorientierter Unternehmen soll diese Regelung eine vereinfachte Möglichkeit für die Unternehmen zur Bestimmung eines Nachhaltigkeitsprüfers schaffen.
Die Berichterstattung über die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts soll nach § 322a HGB-E in einem gesonderten Prüfungsvermerk über den Nachhaltigkeitsbericht erfolgen, auch dann, wenn der Abschlussprüfer Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts ist. Ein Prüfungsbericht ist nicht vorgesehen.
Wertschöpfungskette
Der deutsche Gesetzgeber übernimmt die in der CSRD festgelegte Übergangsregel, dass Angaben zur Wertschöpfungskette unter bestimmten Voraussetzungen im ersten Jahr der Berichtspflicht oder in den beiden darauffolgenden Geschäftsjahren unterbleiben können.
Überwachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Mit den geplanten Änderungen des § 107 AktG wird klargestellt, dass den Aufsichtsgremien der Unternehmen künftig auch die Überwachung des Prozesses der Nachhaltigkeitsberichterstattung obliegt. Dies setzt eine entsprechende Zusammensetzung der Aufsichtsgremien und Kompetenzprofile der Mitglieder voraus.
Noch nicht explizit geregelt hat der Gesetzgeber, welches Organ für die Beauftragung der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts zuständig ist.
Neuerungen der Lageberichterstattung
Die CSRD hat eine ergänzende Regelung getroffen, wonach künftig Angaben im Lagebericht zu den wichtigsten immateriellen Ressourcen zu machen sind (§ 289 Absatz 3a HGB-E). Dabei ist zu erläutern, inwiefern das Geschäftsmodell der Gesellschaft grundlegend von diesen Ressourcen abhängt und inwiefern diese Ressourcen eine Wertschöpfungsquelle für die Gesellschaft darstellen. Für den Konzernlagebericht greift eine materiell vergleichbare Regelung (§ 315 Absatz 3 HGB-E). Die Einführung dieser neuen Berichtspflicht erfolgt zeitlich gestaffelt analog zur Nachhaltigkeitsberichtspflicht.
Bilanzkontrollverfahren
Zukünftig unterliegt die Nachhaltigkeitsberichterstattung von kapitalmarktorientierten Unternehmen – als Bestandteil des (Konzern-)Lageberichts - dem Bilanzkontrollverfahren. Eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften zum Bilanzkontrollverfahren (im WpHG) ist nicht notwendig, da der (Konzern-)Lagebericht auch bisher schon Gegenstand des Enforcements der Rechnungslegung ist.
1 Die Vorschriften gelten analog für Institute u.a. Unternehmen im Anwendungsbereich der §§ 340 ff HGB sowie für Kapitalverwal-tungsgesellschaften im Anwendungsbereich des § 38 KAGB.
2 Diese Vorschriften gelten analog für Unternehmen im Anwendungsbereich der §§ 341ff HGB; bei bestimmten Pensionskassen sind Spezialvorschriften zu beachten.