Proportionalität im Fokus: Neue Erleichterungen für kleine und sehr kleine Institute

Proportionalität im Fokus: Neue Erleichterungen für kleine und sehr kleine Institute


Die Anforderungen an das Risikomanagement stellen Institute in den vergangenen Jahren vor stetig wachsende Herausforderungen. Diese sind zum einen mit dem herausfordernden geopolitischen und makroökonomischen Umfeld begründet. Zum anderen lassen sich durch die zunehmende Integration europäischer Regulierungsvorschriften in die MaRisk eine steigende Frustration und Überforderung in der Umsetzung sowie der Wunsch nach einer „Regulierungspause“ erkennen. Besonders „kleine und sehr kleine Institute“ stoßen oft an ihre Grenzen, weil sie häufig mit vergleichbaren Regeln wie große Kreditinstitute und Finanzdienstleister konfrontiert werden, aber nur eingeschränkte Ressourcen haben.

Genau hier setzt die BaFin mit ihrer neuen Aufsichtsmitteilung an. Die Begriffsdefinition nach CRR für „kleine Institute“ gilt künftig auch für die MaRisk. Ausgenommen hiervon sind jene Erläuterungen in der MaRisk, bei denen konkrete Schwellenwerte oder präzise Voraussetzungen genannt werden. 

Begriffsdefinition „kleine und nicht komplexe Institute“ gem. CRR sowie „sehr kleine Institute“ gem. RTF-Leitfaden

Zu den „kleinen Instituten“ zählen all jene, die laut CRR als „Small and Non-Complex Institutions“ (SNCIs) eingestuft werden. Dies sind prinzipiell alle Institute, die nicht als großes Institut unter die Regelungen des Art. 4 Abs. 1 Nr. 146 CRR fallen. Weitere gesamthaft zu erfüllende Bedingungen werden im Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 b) bis i) CRR spezifiziert. Unter diesen Bedingungen ist hervorzuheben, dass die durchschnittliche Bilanzsumme der letzten vier vollen Berichtszeiträumen 5 Mrd. EUR für Institute mit Sitz in Deutschland nicht übersteigen darf (sowohl auf Einzel- als auch auf konsolidierter Basis). 

Dem ggü. definieren sich die Grenzen für „sehr kleine Institute“ wie folgt: Eine Bilanzsumme von maximal 1 Mrd. EUR, ebenfalls gemessen als durchschnittliche Bilanzsumme der letzten vier vollen Berichtszeiträume. Diese RTF-Leitfaden-Definition sorgt im Sinne der Einheitlichkeit für mehr Klarheit und Transparenz für alle betroffenen Institute.

Demnach ergeben sich Erleichterungen für kleine Institute vor allem in folgenden Kernthemen:
  • Risikoinventur: „Kleine Institute“ können sich auf wesentliche Risiken konzentrieren, während unwesentliche Risiken pauschal behandelt werden können. Als Orientierung dient dabei ein Schwellenwert von 5 % des ökonomischen Risikodeckungspotenzials. Es ist jedoch zu beachten, dass mehrere als unwesentlich eingestufte Risikoarten in ihrer Gesamtheit ein wesentliches Risiko darstellen können.
  • Risikotragfähigkeit: Vereinfachte Verfahren, wie das „Säule 1+“-Modell, stehen „sehr kleinen Instituten“ zur Verfügung. Dies ermöglicht eine flexiblere und ressourcenschonende Risikobewertung. Für schwer quantifizierbare Risiken, bspw. Modellrisiken, können Pauschalansätze genutzt oder angemessene Puffer im Risikodeckungspotenzial vorgehalten werden. Bei Anwendung des Puffers zur pauschalen Abdeckung einzelner Risiken wird die Dokumentation obligatorisch. Diese Erleichterungen sind bereits im RTF-Leitfaden der BaFin/ Bundesbank enthalten und werden hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit hervorgehoben.
  • Stresstests: Für „kleine Institute“ ist es ausreichend, weniger umfassende Stresstests durchzuführen, z. B. durch Reduzierung der Anzahl von Stresstests oder Vereinfachung der Ausgestaltung. Inverse Stresstests können sich auf rein qualitative Analysen beschränken. Ggf. kann auf diese ebenfalls verzichtet werden, wenn „kleine Institute“ zu dem Schluss kommen, dass ihr Stresstestprogramm auch ohne inverse Stresstests eine angemessene Steuerung ihrer wesentlichen Risiken erlaubt. Die adversen Stressszenarien müssen nicht selbst entwickelt werden. „Sehr kleine Institute“ können sich auf Sensitivitätsanalysen beschränken, ohne operative Risiken gesondert zu betrachten. In der Praxis bleibt insbesondere in diesem Bereich abzuwarten, inwiefern eine Umsetzung vor dem Hintergrund des Risikoprofils der jeweiligen Institute zweckmäßig und risikoadäquat erfolgen kann. 
  • Beauftragtenwesen und Auslagerungsmanagement: Gruppen- oder verbundinterne Ansätze erlauben eine zentrale Steuerung, wodurch die operative Last der „kleinen oder sehr kleinen Institute“ reduziert wird. Die Verantwortung verbleibt jedoch bei den Instituten. Die Funktionen der zentralen Auslagerungsbeauftragten können mit den Funktionen der Compliance-Beauftragten kombiniert werden.
  • Nicht-risikorelevantes Kreditgeschäft: Es dürfen vereinfachte Kreditwürdigkeitsprüfungen im nicht-risikorelevanten Kreditgeschäft eingesetzt werden. Wenn zudem im nicht-risikorelevanten Kreditgeschäft eine angemessene Risikobeurteilung gewährleistet ist und verbraucherschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden, dürfen die Institute sowohl bei unbesicherten Verbraucherkrediten als auch Krediten an Kleinst- und Kleinunternehmen auf Sensitivitätsanalysen verzichten.
  • Verzicht auf das jährliche Marktschwankungskonzept zur Überwachung der Immobilienpreisentwicklung: Marktschwankungskonzepte sind für „kleine Institute“ nicht verpflichtend, wenn eigene Transaktionen ausreichenden Einblick in die Entwicklung der Immobilienmärkte bieten und die Zahl dieser Transaktionen ihnen erlaubt, anhand eigener KPI die regionale Preisentwicklung der Immobilienpreise im Geschäftsgebiet zu überwachen.
  • Berichtswesen: Der vierteljährliche Gesamtrisikobericht ist für „kleine Institute“ zwar vorgeschrieben, kann aber in einzelnen stabilen Geschäftsbereichen auch auf einen längeren Turnus adjustiert werden.
  • Validierung: Wenn auf verschlankte Validierungsberichte von Dienstleistern zurückgegriffen wird, müssen die Institute zumindest eigenständig prüfen, ob der vom Dienstleister genutzte Datenpool mit der Zusammensetzung der eigenen Portfolien grundsätzlich vergleichbar ist. Erst hierdurch gelten die ermittelten Ausfallwahrscheinlichkeiten als angemessen. 
  • Kein gesonderter Bericht zu Sanierungsplan-Indikatoren erforderlich: „Kleine Institute“ müssen keine zusätzlichen Berichte zu Sanierungsplanindikatoren erstellen, wenn sie diese bereits über den Gesamtrisikobericht adressiert. 
  • Strategische Bedeutung und Ausblick: Die Mitteilung unterstreicht, dass die Erleichterungen die Risikosteuerung nicht beeinträchtigen dürfen. Sollte sich die Risikolage „kleiner Institute“ insgesamt ungünstig entwickeln und deren Risikoprofile im Durchschnitt erheblich verschlechtern, behält sich die BaFin vor, die gewährten Erleichterungen auf den Prüfstand zu stellen. Einige dieser Ansätze können aller Voraussicht nach in die nächste MaRisk-Novelle einfließen.
Die neuen Regelungen spiegeln die Notwendigkeit wider, die Umsetzung regulatorischer Anforderungen an die tatsächliche Größe, Komplexität und Struktur kleiner Institute anzupassen. Dies unterstreicht den Proportionalitätsgedanken in Richtung einer effizienteren und gleichzeitig risikobewussteren Aufsicht.

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