Feststellung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen

Feststellung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen


Gemäß § 3a Abs. 1 S. 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung steuerfrei. Die Regelung wurde mit Gesetz vom 27.06.2017 eingeführt, nachdem der sog. Sanierungserlass aus dem Jahr 2003 vom BFH für unwirksam erklärt worden war. In seinem nachträglich zur Veröffentlichung bestimmten Beschluss vom 09.08.2024 (Az. X B 94/23) hatte der BFH nunmehr die Rechtsfrage zu klären, ob der Gewinn aus einem im Streitjahr 2014 ausgesprochenen Forderungsverzicht eines Gläubigers die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3a EStG erfüllt.

Dem alleinigen Komplementär und Treugeber der einzigen Kommanditistin einer KG, die Tankstellen betrieb und den vertriebenen Kraftstoff überwiegend von einer AG bezog, wurden steuerrechtlich sämtliche Anteile und Einkünfte der KG zugerechnet, so dass letztere ohne einheitliche und gesonderte Feststellung unmittelbar im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung ermittelt und erfasst wurden. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Tankstellenbetriebs vereinbarte der Gesellschafter in 2014 mit der AG, dass diese gegen Zahlung von EUR 50.000 auf ihre gesamten offenen Forderungen verzichtete. Für den hieraus resultierenden Buchgewinn von rd. EUR 3,7 Mio. begehrte der Gesellschafter die Steuerbefreiung nach § 3a EStG und § 7b GewStG und beantragte deren – vom Gesetz vorgesehene - rückwirkende Anwendung. Das Finanzamt behandelte den Buchgewinn aus dem Forderungsverzicht im Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheid 2014 jedoch als steuerpflichtig. Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG Niedersachsen in erster Instanz ab, da weder die Sanierungseignung des Schuldenerlasses noch die Sanierungsabsicht der AG als Gläubigerin ausreichend dargelegt worden seien. Dem schloss sich der BFH in seiner Entscheidung über die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde an.

Denn das Gesetz enthält für die erforderliche Feststellung der Sanierungseignung zwar keine feste Beweisregel in Form eines bestimmten Kriteriums, aus dem diese abgeleitet werden kann. Wesentliche Indizien für das Bestehen einer solchen Sanierungseignung können jedoch insbesondere im Vorliegen eines nachvollziehbaren und prüfbaren Sanierungskonzepts oder eines rückblickend erfolgreichen Abschlusses der Sanierung liegen. Im Streitfall bezog sich der im Jahr 2014 geschlossene Abfindungsvergleich allerdings nicht mehr auf ein im Jahr 2010 zwar diskutiertes, aber letztlich nicht durchgeführtes Sanierungskonzept. Zudem war die Sanierung auch nicht erfolgreich, da die KG aufgrund finanzieller Schwierigkeiten weitere Tankstellen veräußert und ihr Gewerbe im Jahr 2020 abgemeldet hatte. Andere Indizien für eine Sanierungseignung waren im Streitfall nicht erkennbar.

Das gesetzlich normierte Tatbestandsmerkmal der „Sanierungsabsicht der Gläubiger“ hat ferner eine eigenständige Relevanz. Das Vorliegen der „Sanierungsabsicht“ ist nicht stets bereits dann zu vermuten, wenn ein einzelner Gläubiger im Zusammenhang mit einer Sanierung auf eine Forderung ganz oder teilweise verzichtet. Denn damit liefe dieses Tatbestandsmerkmal leer.
 

Hinweis:

Der BFH bestätigt im Übrigen seine gefestigte Rechtsprechung, wonach für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestands- bzw. Sanierungsmerkmale auf die zur Vorgängerregelung des § 3 Nr. 66 EstG a.F. sowie den Sanierungserlass aus dem Jahr 2003 ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen ist.