Kein Arbeitslohn bei Schenkung von Gesellschaftsanteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge

Kein Arbeitslohn bei Schenkung von Gesellschaftsanteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge


Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 EStG – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt. Der BFH hatte in seinem Urteil vom 20.11.2024 (Az. VI R 21/22) die Rechtsfrage zu klären, ob der in der schenkweisen Übertragung von GmbH-Anteilen auf leitende Angestellte zur Sicherung der Unternehmensnachfolge liegende Vorteil zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt.

Die Gründungsgesellschafter der GmbH übertrugen im Streitfall jeweils 5,08 % der GmbH-Anteile auf fünf leitende Angestellte, insgesamt also 25,4 %, um die Unternehmensnachfolge zu regeln. Dieser Regelungszweck wurde in dem Protokoll der Gesellschafterversammlung dargelegt; zudem sah der Geschäftsanteilsübertragungs- und Abtretungsvertrag eine Rückfallklausel vor, wonach die Anteilsübertragung rückgängig gemacht werden konnte, falls das zuständige Finanzamt die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen nicht gewähre oder zum Nachteil der Beschenkten ändere. Die verbleibenden 74,6 % der GmbH-Anteile wurden auf den gemeinsamen Sohn der Gründungsgesellschafter übertragen, der aber aufgrund seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit und mangels unternehmerischer Erfahrung als (alleiniger) Unternehmensnachfolger ausschied. Das Finanzamt sah in dem unentgeltlichen Anteilserwerb der leitenden Angestellten einen geldwerten Vorteil, erhöhte im Streitfall die Einkünfte der leitenden Angestellten aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend und unterwarf diese der Besteuerung. Dem widersprachen sowohl das erstinstanzliche Finanzgericht als auch der BFH. 

Denn die Voraussetzungen für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit waren aus Sicht des BFH nicht vollständig erfüllt. Zwar lag der erforderliche geldwerte Vorteil im Streitfall durch den gegenüber dem Marktpreis verbilligten, nämlich schenkweisen Anteilserwerb vor. Zusätzlich muss der geldwerte Vorteil aber für eine Beschäftigung gewährt werden, also durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sein, ohne dass es dazu einer Gegenleistung für konkrete (einzelne) Dienstleistungen des Arbeitsnehmers bedarf. Ob der geldwerte Vorteil der Angestellten durch den Arbeitgeber selbst oder durch einen Dritten, wie im Streitfall den Gründungsgesellschaftern der GmbH, eingeräumt wird, ist unerheblich. 

Der BFH sah die schenkweise Anteilsübertragung als zwar mit dem Arbeitsverhältnis der leitenden Angestellten zusammenhängend, aber nicht als durch dieses maßgeblich veranlasst an. Entscheidendes Motiv für die Anteilsübertragung sei für alle Beteiligten erkennbar die Regelung der Unternehmensnachfolge gewesen. Abgeleitet werden konnte dies anhand der erbschaftsteuerlichen Rückfallklausel des Vertrags und dem Protokoll der Gesellschafterversammlung. Die Gründungsgesellschafter bedachten zum einen ihren Sohn mit 74,6 % als Hauptanteilseigner, verschafften zum anderen durch die Übertragung von insgesamt 25,4 % der GmbH-Anteile den leitenden Angestellten eine Sperrminorität und dadurch maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensleitung. 

Der BFH bestätigte ebenfalls die erstinstanzliche Ansicht, dass der in der schenkweisen Übertragung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen liegende Vorteil (auch) keine Entlohnung der leitenden Angestellten für in der Vergangenheit erbrachte oder in der Zukunft zu erbringende Dienste darstellte. Denn die Anteilsübertragung war im Streitfall nicht an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft und der vom Finanzamt angenommene Vorteil fiel im Vergleich zu den Bruttoarbeitslöhnen der leitenden Angestellten deutlich aus dem Rahmen. 

 

Hinweis:
Mit den nunmehr zu Gunsten der Steuerpflichtigen geklärten Rechtsfragen eröffnet der BFH praktische Gestaltungsmöglichkeiten für die Nachfolge in Familienunternehmen.