Keine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG bei bestehender Außenhaftung
Keine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG bei bestehender Außenhaftung
§ 15a EStG schränkt die Verlustverrechnungsmöglichkeiten von beschränkt haftenden Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft ein und zählt sicherlich zu den komplizierten Vorschriften im (Ertrag-)Steuerrecht. Die in Abs. 3 aufgenommenen Gewinnhinzurechnungen sollen verhindern, dass der grundsätzliche Ausschluss des Verlustausgleichs (Abs. 1) durch eine infolge späterer Einlagenminderungen nur vorübergehend höhere Einlage bzw. Haftungserweiterung umgangen wird. Im Urteil vom 16.01.2025 (Az. IV R 11/22) hatte sich der BFH mit dem Zusammenspiel einer solchen Gewinnhinzurechnung und der Außenhaftung auf Grund einer im Handelsregister eingetragenen Haftsumme zu beschäftigen.
Für die Kommanditistin einer GmbH & Co. KG war im Handelsregister eine Haftsumme von rd. EUR 1 Mio. eingetragen, auf die sie aber lediglich EUR 630.000 eingezahlt hatte. Im Streitjahr entfiel auf die Kommanditistin aus den Gewinnen bzw. Verlusten von Gesamthands-, Sonder- und Ergänzungsbilanzen zwar einen Gewinn von rd. EUR 74.000. Allerdings hatte sie zum einen bereits ein negatives Kapitalkonto in Höhe von rd. EUR 315.000 und zudem im Streitjahr Entnahmen von rd. EUR 600.000 getätigt.
§ 15a Abs. 3 S. 1 EStG regelt eine Gewinnhinzurechnung für den Kommanditisten bei einer Einlageminderung. Soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminderung) und soweit nicht auf Grund der Entnahmen eine nach § 15a Abs. 1 S. 2 EStG zu berücksichtigende Haftung (Außenhaftung) besteht oder entsteht, ist dem Kommanditisten im Fall einer vorangegangenen Verlustnutzung der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurechnen. Neben einer vorangegangenen Verlustnutzung und der (positiv) vorausgesetzten Einlageminderung erfordert die Regelung (negativ), dass auf Grund der Entnahme keine Außenhaftung besteht oder entsteht.
Im entschiedenen Fall lag unstreitig zwar eine Einlageminderung vor, da die getätigten Entnahmen das negative Kapitalkonto der Kommanditistin erhöht hatten. Allerdings bestätigte der BFH die auch bereits vom Finanzgericht vertretene Auffassung, dass eine Gewinnhinzurechnung gleichwohl nicht in Betracht kommt. Soweit die Entnahmen ursprünglich geleisteter Einlagen zum Wiederaufleben der Haftung der Kommanditistin geführt hatten, war eine Gewinnhinzurechnung (unstreitig) ausgeschlossen. Strittig war vielmehr nur, ob auch die darüberhinausgehenden Entnahmen eine Gewinnhinzurechnung auslösten. Denn diese führten nicht zu einem Wiederaufleben der Haftung der Kommanditistin, da unabhängig der Entnahmen bereits eine ausreichend hohe Außenhaftung bestand.
Der BFH bestätigte zwar, dass der Wortlaut des § 15a Abs. 3 S. 1 EStG insofern unklar ist, ob das Gesetz auch im Fall des „Bestehens“ der Haftung verlangt, dass die Entnahmen des Kommanditisten Ursache für das Bestehen der Haftung sind. Jedoch spricht die nötige Auslegung der Regelung dafür, dass eine Gewinnhinzurechnung auch dann ausgeschlossen ist, wenn - unabhängig von der Entnahme - eine Außenhaftung der Kommanditistin besteht. Abs. 3 des § 15a EStG bezweckt insgesamt, eine Umgehung der allgemeinen Begrenzung des Verlustausgleichs durch vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen zu verhindern; anderenfalls könnten durch kurzfristige Einlagen Verlustverrechnungsmöglichkeiten geschaffen werden. Deshalb knüpfen die Regelungen über die Gewinnhinzurechnung inhaltlich und terminologisch an der grundlegenden Verlustausgleichsbeschränkung des Abs. 1 an. Dementsprechend sollen auch die besonderen Gewinnhinzurechnungsvorschriften sicherstellen, dass dem Kommanditisten ein steuerlicher Verlustausgleich oder -abzug nur insoweit gewährt wird, als er wirtschaftlich durch den Verlust belastet wird.
Eine Rückgängigmachung des Verlustausgleichs mittels Gewinnhinzurechnung im Fall einer Einlageminderung gründet sich darauf, dass die wirtschaftliche Belastung, die den Verlustabzug zunächst gerechtfertigt hat, nachträglich entfällt. Besteht jedoch auf Grund der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme eine Außenhaftung des Kommanditisten auch unabhängig von der Entnahme, haftet der Kommanditist den Gläubigern nach Maßgabe des Handelsrechts, sodass er wirtschaftlich durch den Verlust weiterhin belastet ist. Dies berücksichtigt auch § 15a Abs. 3 EStG, der ausdrücklich vorsieht, dass in den Fällen des Wiederauflebens der Außenhaftung trotz Einlageminderung keine Gewinnhinzurechnung erfolgt. Das Gesetz toleriert also schon, dass die wirtschaftliche Belastung des Kommanditisten nach der Entnahme auf einem anderen Grund - der nunmehr bestehenden Außenhaftung des Kommanditisten – beruhen kann. Zwar ist insofern die bis dahin relevante wirtschaftliche Belastung durch die Entnahme nachträglich weggefallen. An deren Stelle ist jedoch die wirtschaftliche Belastung durch die wiederauflebende oder aber bestehende Haftung gemäß § 171 Abs. 1 HGB getreten, sodass es - gemessen am Gesetzeszweck - keiner Gewinnhinzurechnung bedarf. Dabei macht es aus Sicht des BFH ausdrücklich keinen Unterschied, ob die Außenhaftung wieder auflebt, durchgehend bestanden hat oder aber infolge der Erhöhung der Haftsumme im Handelsregister erst im Jahr der Einlageminderung entsteht.
Hinweis:
Im Hinblick auf die Praxis lassen sich aus der Entscheidung zwei wesentliche Punkte ableiten. Einerseits kann grundsätzlich auch durch eine Erhöhung der Haftsumme im Jahr der Einlageminderung eine Gewinnhinzurechnung vermieden werden. Insoweit besteht also ein gewisses Gestaltungspotenzial. Andererseits sollten die Kapitalkonten der Gesellschafter penibel geführt werden, um den Überblick zu behalten und mögliche Gestaltungspotenziale auch tatsächlich nutzen zu können.