Körperschaftsteuerliche Organschaft bei der Umwandlung von Unternehmen

Eine körperschaftsteuerliche Organschaft setzt u.a. voraus, dass der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt ist, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht, sog. finanzielle Eingliederung (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG). Erfolgt eine Umwandlung des Organträgers, so wird dem übernehmenden Rechtsträger für die Erfüllung dieser Voraussetzung die Zeit angerechnet, in der dem bisherigen (umgewandelten) Organträger ununterbrochen die erforderliche Stimmenmehrheit bei der Organgesellschaft zuzurechnen war. Zu der Rechtsfrage, ob auch bei einer unterjährigen Umwandlung, die mithin während des laufenden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft erfolgt, die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung gegeben ist, positionierte sich der BFH in seinen Urteilen vom 11.07.2023 (Az. I R 21/20; I R 36/20; I R 40/20; I R 45/20).

In einem der vorgenannten Urteile konkret zugrundeliegenden Streitfall bestand ursprünglich zwischen der A-GmbH als Organgesellschaft und der B-GmbH als Organträgerin eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Nachdem die X-OHG im März 2015 sämtliche Anteile der B-GmbH erworben hatte, wurde diese im November 2015 mit steuerlicher Rückwirkung zum 01.04.2015 auf die X-OHG verschmolzen. Die A-GmbH, deren Wirtschaftsjahr bereits zum 01.01.2015 begann, ging in ihren Steuererklärungen 2015 von einem fortbestehenden Organschaftsverhältnis zur X-OHG aus und erklärte dementsprechend ein Einkommen von EUR 0. Das Finanzamt lehnte dies im Einklang mit der seitens der Finanzverwaltung veröffentlichten Auffassung (Umwandlungssteuererlass vom 11.11.2011, Tz. Org. 02) ab. Aufgrund des zeitlich nachfolgenden Umwandlungsstichtags zum 01.04.2015 sei die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in die (neue) Organträgerin (X-OHG) zum Beginn des Wirtschaftsjahrs der A-GmbH (noch) nicht erfüllt gewesen. Das erstinstanzliche Finanzgericht und der BFH sahen dies anders.

Danach bestand die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in die Organträgerin im Jahr 2015 ganzjährig. Maßgebend ist dafür nicht der steuerliche Umwandlungsstichtag, sondern eine spezielle Regelung des Umwandlungssteuergesetzes, die einen umfassenden Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers (X-OHG) in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers (B-GmbH) vorsieht, sog. Fußstapfentheorie. Hierzu gehört auch die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft (A-GmbH) in die Organträgerin (B-GmbH) als Voraussetzung für eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Dass der Übertragungsstichtag (01.04.2015) nicht mit dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft (01.01.2015) identisch ist, ist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung unschädlich. Der übernehmende Rechtsträger tritt hinsichtlich der finanziellen Eingliederung nämlich gleichermaßen in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers ein, auch wenn der umwandlungssteuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft zurückbezogen wird.

Für die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft ist es also ausreichend, wenn ab dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft eine finanzielle Eingliederung zunächst zum übertragenden Rechtsträger und anschließend zum übernehmenden Rechtsträger besteht. In den drei weiteren Urteilen vom 11.07.2023 wendet der BFH die Fußstapfentheorie darüber hinaus auch auf andere Umwandlungsvorgänge entsprechend an.

 

Hinweis:

Zurzeit überarbeitet die Finanzverwaltung ihren Umwandlungssteuererlass vom 11.11.2011. Es bleibt abzuwarten, ob sie die aktuellen Grundsatzurteile zur unterjährigen Umwandlung in Organschaftsfällen noch aufnehmen und somit ihre bisher anderslautende Auffassung an die BFH-Rechtsprechung anpassen wird.