Nicht zeitnahe Pauschalversteuerung bei betrieblichen Feiern führt zur Sozialversicherungspflicht!


Wird bei Betriebsveranstaltungen der Freibetrag von EUR 110 oder die Anzahl von zwei begünstigten Veranstaltungen pro Jahr überschritten, stellen diese Zuwendungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn dar. Allerdings besteht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung. Diese pauschal besteuerten Bezüge stellen dann kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung mehr dar und unterliegen damit keiner Beitragspflicht. Wie das Bundessozialgericht in einer aktuellen Entscheidung (Az. B 12 BA 3/22 R; Pressemitteilung vom 23.04.2024) feststellt, sind insoweit aber zeitliche Aspekte zu beachten.

Ein Unternehmen feierte mit seinen Beschäftigten im September 2015 ein Firmenjubiläum. Erst Ende März 2016 zahlte es auf die angefallenen Kosten von rund EUR 163.000 die für über 160 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer. Der zuständige Rentenversicherungsträger lehnte angesichts dieser erheblichen Verzögerung die Beitragsfreiheit der Zuwendungen ab und forderte Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von rund EUR 60.000 Euro nach. Dies sah das Bundessozialgericht ebenso und hob die gegenteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen auf.

Nach den maßgeblichen Vorschriften (insbesondere § 1 Abs. 1 S. 2 SvEV) kommt es entscheidend darauf an, dass die pauschale Besteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt. Dies wäre im konkreten Fall die Entgeltabrechnung für September 2015 gewesen. Tatsächlich wurde die Pauschalbesteuerung aber erst Ende März 2016 durchgeführt und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden muss. Die verspätete Pauschalversteuerung führt also dazu, dass diese Aufwendungen als geldwerter Vorteil gewertet und nachträglich Beiträge zur Sozialversicherung erhoben wurden.

Die Pressemitteilung des BSG stellt zwar fest, dass Ende März 2016 sogar nach dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden muss. Dies entspricht der auch in der Praxis üblichen Vorgehensweise auf Basis einer Vereinbarung der Sozialversicherungsverbände aus dem Jahr 2016: Steuerrechtlich zulässige Änderungen, die der Arbeitgeber aufgrund einer bisher unzutreffenden steuer- und beitragsrechtlichen Beurteilung bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung zum 28.02. des Folgejahres selbst noch vorgenommen hat, sind bei der Beurteilung der Beitragspflicht zu berücksichtigen und können so zur Beitragsfreiheit führen. Zumindest aus der Pressemitteilung ergibt sich dies aber nicht ausdrücklich. Ob die Urteilsgründe dazu weitere Erläuterungen enthalten, bleibt abzuwarten, zumal diese Frage im Streitfall nicht relevant war.
 

Hinweis:
Unternehmen müssen bei der Planung und Durchführung von betrieblichen Feierlichkeiten auch hinsichtlich Steuern und Sozialversicherung sorgfältig vorgehen und diese in die Organisationsabläufe einbeziehen. Eine korrekte und zeitnahe Pauschalversteuerung ist unabdingbar, um unerwartete Nachforderungen der Sozialversicherungsträger zu vermeiden. Eine spätere Nachholung oder Korrektur ist insofern nicht möglich. Dass im Steuerrecht bei der Pauschalbesteuerung anders verfahren werden kann, ändert an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nichts.


Neben Arbeitslohn bei Betriebsveranstaltungen dürften weitere Pauschalierungstatbestände betroffen sein, so dass auch hier besonderes Augenmerk bei der Ermittlung der Sachverhalte und der Bemessungsgrundlagen angezeigt ist:
  • Unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von arbeitstäglichen Mahlzeiten
  • Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen soweit die steuerfreien Pauschalen um nicht mehr als 100% überschritten werden
  • Unentgeltliche oder verbilligte Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten wie Smartphones oder Tablets
  • Unentgeltliche oder verbilligte Übereignung von Ladevorrichtungen für Elektrofahrzeuge
  • Unentgeltliche oder verbilligte Übereignung von Fahrrädern
  • Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
Da im Rahmen von Sozialversicherungsprüfungen regelmäßig auf die letzten Berichte von Lohnsteueraußenprüfungen zurückgegriffen wird, dürfte es für die Sozialversicherungsprüfer ein Leichtes sein, die entsprechenden Sachverhalte festzustellen.

Wegen den Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung droht überdies die Inanspruchnahme des Arbeitgebers für die Arbeitnehmeranteile. Das Risiko kann sich damit schnell auf 40 % des unzutreffenden oder nicht pauschalierten Arbeitslohns belaufen, wie das vorstehend aufgeführte Urteil deutlich macht.