Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften
Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften
Ob unter § 6 Abs. 5 EStG auch Wirtschaftsguttransfers zwischen den Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Personengesellschaften als Mitunternehmerschaften zu fassen sind, war mangels ausdrücklicher Nennung im Gesetzeswortlaut umstritten. So verneinte dies der Erste BFH-Senat in seinem Urteil vom 25.11.2009, Az. I R 72/08; der Vierte BFH-Senat indes äußerte in seinem Beschluss vom 15.04.2010, Az. IV B 105/09 verfassungsrechtliche Zweifel an der Gesetzeslage. Letztlich wurde die Rechtsfrage dem BVerfG zur Prüfung am Maßstab des Verfassungsrechts vorgelegt, der sich dazu mit seinem Beschluss vom 28.11.2023, Az. 2 BvL 8/13, positionierte.
Im Streitfall veräußerte eine gewerblich tätige GmbH & Co. KG zwei bebaute Grundstücke aus ihrem Gesamthandsvermögen an eine beteiligungsidentische Personengesellschaft zum Preis in Höhe der Summe der bilanziellen Buchwerte. Diese Übertragungsvorgänge behandelte die veräußernde KG steuerlich als erfolgsneutral. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass es zur vollständigen Aufdeckung der in den übertragenen Grundstücken enthaltenen stillen Reserven gekommen sei und setzte einen erheblichen steuerpflichtigen Gewinn der veräußernden KG fest. Die Übertragung zwischen zwei Personengesellschaften ohne angemessene Gegenleistung gilt als unentgeltlich, soweit das Entgelt hinter dem Teilwert zurückbleibt. Mangels Regelung in § 6 Abs. 5 EStG unterstellte das Finanzamt eine Entnahme zum Teilwert. Das BVerfG sieht § 6 Abs. 5 EStG aufgrund der Nichterfassung dieser Konstellation als verfassungswidrig an und traf eine Übergangsregelung im Sinne der übertragenden Personengesellschaft.
Denn der Umstand, dass die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Personengesellschaften – anders als die sonstigen von § 6 Abs. 5 EStG erfassten Wirtschaftsguttransfers – nicht zum Buchwert möglich ist, begründet eine, gemessen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, verfassungsrechtlich erhebliche Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG. Der streitgegenständliche Begünstigungsausschluss erscheint zudem willkürlich, weil dasselbe Ergebnis – die steuerneutrale Übertragung zum Buchwert – über eine Kombination der durch § 6 Abs. 5 S. 3 EStG begünstigten Wirtschaftsguttransfers erreicht werden kann, was indes für die Betroffenen mit deutlich höheren Transferkosten einhergeht und darüber hinaus auch mit rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken verbunden sein kann. Es leuchtet daher nicht ein, weshalb die Einzelschritte nach dem Gesetzeswortlaut jeweils zum Buchwert vorgenommen werden können, eine Direktübertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften aber zur Aufdeckung stiller Reserven führen soll.
Es spricht auch nichts dafür, dass eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften typischerweise nicht mit dem unternehmerisch legitimen Zweck einer Umstrukturierung, sondern mit dem Ziel unternommen würde, missbräuchlich Steuervorteile zu erlangen.
Hinweise:
Das BVerfG gibt dem Gesetzgeber in seiner aktuellen Entscheidung zudem auf, nunmehr rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31.12.2000 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten bleibt § 6 Abs. 5 S. 3 EStG in der gegenwärtigen Fassung mit der Maßgabe anwendbar, dass die Vorschrift auch für Wirtschaftsguttransfers zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nach dem 31.12.2000 gilt. Die aktuelle BVerfG-Entscheidung trägt somit dazu bei, dass Umstrukturierungen von Schwesterpersonengesellschaften schon jetzt rechtssicherer und ohne den Umweg von Kettenübertragungen vorgenommen werden können.
Während allerdings die gesetzlich geregelten Fälle keine vergleichbare Beteiligungsidentität erfordern, sondern auch eine Verschiebung der stillen Reserven zwischen einzelnen Mitunternehmern ermöglichen, setzt der Wortlaut des BVerfG-Beschlusses voraus, dass eine vollständige Beteiligungsidentität vorliegt. Geringfügige Abweichungen in der Beteiligungsquote können damit bei der Übertragung zwischen zwei Gesamthandsvermögen weiterhin zum vollständigen Ausschluss der Buchwertfortführung führen. Ob die Angleichung der Beteiligungsquoten in Vorbereitung einer derartigen Übertragung von der Finanzverwaltung als schädlicher Gesamtplan oder § 42 AO gewürdigt wird, bleibt abzuwarten.