Zukunftsträchtige Investitionen
Zukunftsträchtige Investitionen
So stärken etablierte Unternehmen ihre Innovationskraft
Venture Capital-Fonds, Business Angels und staatliche Förderprogramme: Die Fülle an Wagniskapitalgebern, die in junge, aufstrebende Start-ups investieren, scheint schier unendlich. Während klassische VC-Fonds – aufgrund der aktuellen Lage am Kapitalmarkt – in den vergangenen Jahren in Bezug auf riskante Investitionen sehr verhalten agierten, entpuppte sich das Corporate Venture Capital (CVC) als deutlich robuster und widerstandsfähiger. Immer mehr Unternehmen scheinen sich des Mehrwerts bewusst zu werden, den Investitionen in innovative Start-ups für den eigenen Geschäftserfolg mit sich bringen kann.Die Anzahl der Investitionen traditioneller VC-Fonds ging 2022 global um ein Viertel zurück, die CVCs aber verzeichneten lediglich ein Minus von 2 % und konnten in manchen Märkten (wie z. B. Westeuropa und Kanada) sogar einen Zuwachs an Investitionen feststellen.1 Die Ursache hierfür liegt vermutlich an der Struktur der Start-ups, in die Wagniskapitalgeber investieren: Während klassische VC-Fonds ihren Fokus bei der Auswahl der Start-ups in erster Linie auf die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells legen, investieren CVC-Einheiten etablierter Unternehmen auch in Start-ups, um ihr eigenes Geschäft auszubauen, zu diversifizieren – oder von deren zukunftsträchtigen Technologien zu profitieren.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich die Zahl der jährlich neu aufgelegten CVCs im Zeitraum von 2011 bis 2022 global mehr als versechsfacht hat.2 Aus deutscher Sicht sind Investitionen in Zukunftstechnologien sowohl aus den Bereichen Produktionstechnik (u. a. 3D-Druck), Automotive (u. a. Autonomes Fahren) und Informationstechnik (u. a. Cyber Security und IoT) als auch aus den Bereichen Healthcare (u. a. Digitale Medizin / Geräte) und Werkstoffe (u. a. 2D-Materialien) besonders vielversprechend.
Gut zu wissen
In Deutschland fokussieren sich CVCs fast ausschließlich auf Start-ups, die ihr Produkt noch bis zur Marktreife weiterentwi-ckeln. In Start-ups, die diese schon erreicht haben und an der Marktdurchdringung arbeiten, investieren nur 4% von ihnen. Charakteristisch für die Investitionen von CVCs sind deutlich niedrigere Beteiligungsquoten bei der Erstinvestition. Sie stre-ben fast ausschließlich Beteiligungen unter 25 % an, wobei Beteiligungen unter 10% deutlich häufiger akzeptiert werden als von unabhängigen VCs.
Potenziale nutzen durch den Einsatz von Corporate Venture Capital
Start-ups nehmen heutzutage eine zentrale Rolle ein, wenn es um die Entwicklung von Zukunftstechnologien geht. Unternehmen sind demnach gut beraten, über den Tellerrand zu blicken und sich eingehender mit dem Thema Corporate Venture Capital zu befassen. Der Einsatz von CVC verspricht nicht nur den Zugang zu neuen Geschäftsmodellen und Trends, sondern in erster Linie auch zu neuen Technologien, die für etablierte Unternehmen zukunftsweisend sein können. Die Wettbewerbsfähigkeit kann durch passende Investments erhalten oder sogar gesteigert werden – und neue Wachstumsmöglichkeiten können erschlossen werden.
Grundsätzlich gilt: Wer Trends frühzeitig erkennt, kann auch frühzeitig darauf reagieren. So können Unternehmen sowohl ihr Risikoprofil über entsprechende Investitionen in Start-ups streuen und ihre Marktposition absichern – oder diese nutzen, um in neue Märkte einzudringen, neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln oder ihre Kundenbasis zu erweitern. CVC kann maßgeblich dazu beitragen, die Innovationskultur innerhalb des Unternehmens zu fördern und einen wichtigen Beitrag zum langfristigen Unternehmenserfolg zu leisten.
Corporate Venture Capital: Mehr als bloßes Kapital
Für Start-ups ist CVC eine sehr gute Möglichkeit, an Kapital zu gelangen, ohne an klassische Wagniskapitalgeber – wie Business Angels oder Venture Capital-Fonds – herantreten zu müssen. Die Potenziale, die sich aus Corporate Venture Capital für Start-ups ergeben können, gehen zudem weit über die reine Bereitstellung von Kapital hinaus. So können Start-ups auf professionelle Unterstützung bei der Entwicklung neuer Produkte und der Erschließung neuer Märkte setzen – oder auf die Unterstützung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kapitalgebers hoffen. Vor allem durch das Bereitstellen ihrer Expertise und ihres Netzwerkes können etablierte Unternehmen Start-ups neue Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner vermitteln, bei der Vermarktung helfen und interne Prozesse optimieren. Eine solche Validierung führt häufig zusätzlich zu einem enormen Reputationsgewinn für die Start-ups.
Risiken und Ausgestaltung von Corporate Venture Capital-Beteiligungen
Corporate Venture Capital mag für beide Seiten einiges an Potenzial bereithalten. Aber dennoch gibt es hier – wie auch bei jeder anderen Investition – keine Garantie auf Erfolg. So gut das Geschäftsmodell auch sein mag: Am Ende des Tages ist kein Start-up davor gefeit, zu scheitern. Und selbst wenn die Zahlen stimmen, so können zwischenmenschliche Unstimmigkeiten oder unterschiedliche Unternehmenskulturen maßgeblich zum Misserfolg der Zusammenarbeit beitragen.
Aufgrund dessen sollten bei der konkreten Ausgestaltung von CVC-Beteiligungen jegliche Faktoren, die auf den gemeinsamen Erfolg einzahlen könnten, abgewogen werden. Hier gilt es, die manchmal durchaus unterschiedlichen Interessen und Ziele von Unternehmen und Start-up in Einklang zu bringen, um eine tragfähige Struktur für beide Seiten schaffen zu können. Im Wesentlichen betrifft das die folgenden Faktoren:
- Höhe des Investments: Wie hoch das Investment tatsächlich ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Investitionsphase des Start-ups, seinem Finanzierungsbedarf und seinem Wachstumspotenzial.
- Betrachtungsart der Investition: Abhängig davon, ob die Investition als Eigenkapitalbeteiligung, Hybridfinanzierung oder Darlehen erfolgt, werden die Exit-Bestimmungen festgelegt und regeln den jeweiligen Ausstieg.
- Stimm- und Mitspracherechte: Die Stimmrechte des CVCs in den Gremien des Start-ups sowie den operativen Bereichen, wie F&E, sollten klar definiert sein.
- Schutzrechte: Der CVC kann Schutzrechte für sein Know-how und seine geistigen Eigentumsrechte vereinbaren, um einen späteren Missbrauch zu vermeiden.
Wer ein Start-up finanziell unterstützt, erhofft sich selbstverständlich Erfolg. Als Kapitalgeberin oder Kapitalgeber kann man maßgeblich zu diesem Erfolg beitragen, indem man dem Start-up seine Unterstützung zusichert. Ob nun durch Mentoring- und Coaching-Maßnahmen, den Zugang zu einem umfassenden Netzwerk oder die Bereitstellung von Ressourcen und Infrastruktur (wie z. B. Büroflächen und IT-Systeme) – die Möglichkeiten sind vielfältig. Auch hier bietet es sich allerdings an, sich abzusichern. Dazu empfiehlt es sich, Entscheidungsgremien, Berichtspflichten und auch die Streitbeilegung individuell zu definieren und festzulegen.
Grundsätzlich gilt: Eine offene und transparente Kommunikation ist entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und ein gegenseitiges Interesse zu fördern. Sie bildet die Grundlage für eine stabile Partnerschaft. In einer sich ständig wandelnden Marktlandschaft müssen sowohl der Corporate Investor als auch das Start-up bereit sein, sich an neue Bedingungen anzupassen. Diese Anpassungsfähigkeit ermöglicht es beiden Parteien, agil zu bleiben und auf Veränderungen effektiv zu reagieren. Zudem sollten beide Seiten bereit sein, voneinander zu lernen und ihre Erfahrungen zu teilen. Durch diese gegenseitige Befruchtung können beide wachsen und sich weiterentwickeln.
"CVCs eröffnen Firmen vielfältige Chancen, sei es das Nutzen strategischer Wachstumsmöglichkeiten, ein höheres Verständnis für entscheidende Branchenentwicklungen oder das Erzielen finanzieller Renditen.“
Sohaila Ouffata – Director of Platform und Geschäftsführerin Europa, BMW i Ventures 3
Corporate Venture Capital-Beteiligung: Sieben Faktoren für den Erfolg
Wie überall im Leben gilt: Der Erfolg von CVC-Beteiligungen ist leider nicht vorprogrammiert. Aber er kann positiv beeinflusst werden, wenn einige Faktoren – sowohl aufseiten des Start-ups als auch aufseiten des CVCs – berücksichtigt werden.
- Starkes Management-Team: Ein starkes und erfahrenes Management-Team sollte die Basis eines jeden Start-ups sein und ist entscheidend für den Erfolg. Die Gründerinnen und Gründer sollten über eine klare Vision, ein tiefes Verständnis des Marktes und die Fähigkeit verfügen, das Unternehmen zu führen und zu skalieren.
- Innovatives Produkt oder Dienstleistung: Das Start-up muss ein innovatives Produkt oder eine innovative Dienstleistung mit hohem Marktpotenzial anbieten. Das Produkt oder die Dienstleistung muss einen klaren Nutzen für die Kundinnen und Kunden bieten und sich von den Angeboten der Konkurrenz abheben.
- Skalierbares Geschäftsmodell: Das Geschäftsmodell des Start-ups muss skalierbar sein, d. h. das Unternehmen sollte in der Lage sein, schnell und effizient zu wachsen.
- Fit zwischen Start-up und Corporate Investor: Die Ziele und die Unternehmenskultur des Start-ups sollten mit den Zielen und der Unternehmenskultur des Corporate Investors übereinstimmen.
- Klare CVC-Strategie: Es muss eine klare CVC-Strategie mit definierten Zielen, Kriterien für Investitionsentscheidungen und einem Governance-Rahmen vorliegen, die fest im Unternehmen verankert ist und die Unterstützung des Top-Managements hat.
- Dediziertes CVC-Team: Das Unternehmen muss ein dediziertes CVC-Team mit erfahrenen Fachleuten aufbauen, die über die notwendigen Kompetenzen in den Bereichen Venture Capital, Start-up-Bewertung und Unternehmenssteuerung verfügen. Dabei spielt insbesondere deren Netzwerk in der Start-up-Szene eine erhebliche Rolle beim Zugang zu Dealflow.
- Geduld und Ausdauer: Bei CVC handelt es sich um eine langfristige Investition. Unternehmen müssen geduldig sein und den Start-ups Zeit geben, sich zu entwickeln.
1 Global Corporate Venturing, 2023: https://globalventuring.com/corporate/corporate-investors-2022-deal-numbers/ [Stand: 15.1.2023]
2 Global Corporate Venturing, 2023: https://globalventuring.com/corporate/corporate-investors-2022-deal-numbers/ [Stand: 15.1.2023]
3 Sohaila Ouffate: So bringt Corporate Venture Capital einen echten Mehrwert, 2023: https://www.deutsche-startups.de/2023/09/07/corporateventure-capital-mehrwert/ [Stand: 12.07.2024]