Blickpunkt: der neue Rechnungslegungsstandard IFRS 18 – ein Überblick

Blickpunkt: der neue Rechnungslegungsstandard IFRS 18 – ein Überblick

Neuer IFRS-Standard, der zukünftig IAS 1 ersetzen wird

Im April 2024 hat der IASB den neuen Rechnungslegungsstandard IFRS 18 (Darstellung und Angaben im Abschluss) veröffentlicht. Der neue Standard wird den bisherigen IAS 1 (Darstellung des Abschlusses) als zentralen Standard mit Regelungen zur Darstellung von Abschlüssen ersetzen. Teile des bisherigen IAS 1 wurden dabei unverändert in IFRS 18 übernommen. Andere Teile wurden in andere IAS/IFRS-Standards verschoben, wie z.B. in IAS 8, der infolge von IFRS 18 in Teilen mittels eines Amendments geändert werden wird.
 

Hintergrund

IFRS 18 ist das Ergebnis des „Primary Financial Statements-Projekts“ des IASB und berücksichtigt die Rückmeldungen von Stakeholdern, die eine unzureichende Vergleichbarkeit und Transparenz von IFRS-Abschlüssen bemängelten. Zurückzuführen sei dies auf bisher fehlende Vorgaben zu Struktur und Zwischensummen in der GuV und zu Erläuterungen von unternehmensindividuellen Leistungskennzahlen. Darüber hinaus führt eine Zusammenfassung relevanter Informationen oder, im Gegensatz dazu, ein Zuviel an nicht wesentlichen Informationen dazu, dass für die Abschlussadressaten die Analyse der Abschlüsse erschwert wird.1
 

Neu definierte Kategorien und Zwischensummen 

IAS 1 sieht bisher keine, wie von IFRS 18 vorgesehene, Kategorisierung von Aufwendungen und Erträgen vor. IFRS 18.47 dagegen sieht vor, dass Erträge und Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung einer der fünf nachfolgenden Kategorien zuzuordnen sind:

  • operative Tätigkeiten (operating),
  • Investitionen (investing),
  • Finanzierung (financing),
  • Ertragsteuern,
  • aufgegebene Geschäftsbereiche.

Die operative Kategorie wird negativ abgegrenzt. Hierin sind alle Erträge und Aufwendungen zu erfassen, welche nicht den jeweiligen anderen vier Kategorien zuzuordnen sind. Unerheblich ist, ob diese Erträge und Aufwendungen aus Nebentätigkeiten resultieren, unregelmäßig anfallen oder in irgendeiner Weise außergewöhnlich sind.2 Die Erträge und Aufwendungen der operativen Kategorie sind entweder nach dem Umsatz- oder Gesamtkostenverfahren aufzugliedern, wobei die Wahl des anzuwendenden Verfahrens – wie bisher auch - von dessen Entscheidungsnützlichkeit abhängig zu machen ist.3 Im Vergleich zu den eher rudimentären Vorgaben des IAS 1 enthalten die Anwendungsleitlinien in IFRS 18.B80 diesbezüglich umfangreiche Beurteilungsfaktoren.

Bei der Wahl des anzuwendenden Verfahrens stellt IFRS 18.78 nicht auf die gesamte operative Kategorie, sondern auf die jeweiligen Posten der operativen Kategorie ab. Folglich kann ein Unternehmen einige betriebliche Aufwendungen nach Funktionsbereichen und andere nach ihrer Art klassifizieren, falls dies die am nützlichsten strukturierte Zusammenfassung seiner Aufwendungen darstellt. Eingeschränkt wird diese Wahlmöglichkeit jedoch durch zusätzliche Anwendungsleitlinien.4 Erfolgt ein Ausweis eines oder mehrerer Einzelposten nach Funktionsbereichen, haben zudem zusätzlich Angaben zu erfolgen.5

In der Kategorie Investitionen werden gemäß IFRS 18.53 im Wesentliche Erträge und Aufwendungen aus der Anwendung der Equity-Methode, aus Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten sowie aus anderen Vermögenswerten, die einzeln und weitgehend unabhängig von den anderen Ressourcen des Unternehmens eine Rendite erwirtschaften (z.B. Investment Properties oder Investitionen in Eigenkapitaltitel), ausgewiesen.

Die Kategorie Finanzierung umfasst grundsätzlich Erträge und Aufwendungen von Verbindlichkeiten, die ausschließlich die Aufnahme von Finanzmitteln beinhalten (z.B. Zinsen, Gewinne/Verluste aus der Bewertung oder Ausbuchung, Transaktionskosten bei der Ausgabe von Finanzinstrumenten),6 zudem ggf. Zinserträge und -aufwendungen sowie die Auswirkungen von Zinssatzänderungen von Verbindlichkeiten, die nicht nur die Aufnahme von Finanzmitteln beinhalten.7

In der Kategorie Ertragsteuern sind gemäß IFRS 18.67 der in der Gewinn- und Verlustrechnung enthaltene Steueraufwand oder Steuerertrag unter Anwendung von IAS 12 „Ertragsteuern“ sowie etwaige damit verbundene Fremdwährungsdifferenzen zu erfassen.

Die Kategorie aufgegebene Geschäftsbereiche umfasst Erträge und Aufwendungen aus aufgegebenen Geschäftsbereichen, wie sie in IFRS 5 geregelt sind.8

Eine Sonderregelung hinsichtlich der o.g. Kategorien besteht für Unternehmen mit spezifischen Hauptgeschäftstätigkeiten (specific main business activity) wie Investitionen in bestimmte Vermögenswerte (bspw. Investmentgesellschaften, Immobiliengesellschaften oder Versicherer) oder die Bereitstellung von Finanzierungen für Kunden (bspw. Banken, Automobilfinanzierungsgesellschaften oder Leasinggesellschaften). Diese Unternehmen ordnen bestimmte Erträge und Aufwendungen, die sonst der Investitions- oder Finanzierungskategorie zugeordnet würden, prinzipiell der operativen Kategorie zu.9

Darüber hinaus sieht IFRS 18 einige Sonderregelungen vor, wie z.B. die Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen aus Derivaten und Sicherungsinstrumenten.10 Fremdwährungsdifferenzen werden in die gleiche Kategorie eingeordnet wie die Erträge und Aufwendungen aus den zugrunde liegenden Sachverhalten.11

Gemäß IFRS 18.69 haben Unternehmen in der Gewinn- und Verlustrechnung erstmals verbindlich definierte Summen und Zwischensummen für

  • das Betriebsergebnis (operating profit or loss), 
  • das Ergebnis vor Finanzierung und Ertragssteuern (profit or loss before financing and income taxes) und den 
  • Gewinn oder Verlust (profit or loss) der Periode

darzustellen. Dabei umfasst das Betriebsergebnis sämtliche Erträge und Aufwendungen, die der operativen Kategorie zugeordnet worden sind. Das Ergebnis vor Finanzierung und Ertragssteuern umfasst das Betriebsergebnis und alle Aufwendungen und Erträge, die der Investitionskategorie zugeordnet worden sind. Der auszuweisende Gewinn- oder Verlust umfasst alle in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Aufwendungen und Erträge über alle Kategorien hinweg. Weitere zusätzliche Zwischensummen sieht IFRS 18 vor, sofern dies notwendig ist, um eine nützlich strukturierte Zusammenfassung bereitzustellen.

In Anlehnung an IFRS 18.IE7 könnte eine IFRS 18-konforme Gewinn- und Verlustrechnung wie folgt aussehen:12


 

Primäre Abschlussbestandteile und deren Funktionen 

Unverändert zu IAS 1 definiert IFRS 18.11 die Ergebnisrechnung, die Bilanz, die Eigenkapitalveränderungsrechnung und die Kapitalflussrechnung als primäre Abschlussbestandteile. Neu hingegen ist, dass nunmehr explizit die Funktionen dieser Abschlussbestandteile sowie die des Anhangs in IFRS 18 definiert werden.

Primäre Abschlussbestandteile sollen einen Überblick über Vermögenswerte, Schulden, Eigenkapital, Aufwendungen und Erträge sowie Cashflows des Unternehmens gewähren und darüber hinaus eine Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen bzw. zwischen Berichtszeiträumen ermöglichen.13 Der Anhang dagegen hat die Aufgabe, wesentliche Informationen bereitzustellen, die notwendig sind, die Posten der primären Abschlussbestandteile zu verstehen sowie zusätzliche Informationen zu liefern, um die Zielsetzung des Abschlusses zu erreichen.14

Um dem gerecht zu werden, enthält IFRS 18 mit IFRS 18.21 ff. und IFRS 18.B8 f. nunmehr explizite Vorgaben, wann ein Posten in den primären Abschlussbestandteilen auszuweisen ist. Zudem wird geregelt, was im Anhang anzugeben ist, sofern die Angabe als Posten in den primären Abschlussbestandteilen nicht erforderlich ist, um eine nützlich strukturierte Zusammenfassung zu bieten. Ggf. darf - bei Unwesentlichkeit - eine Angabe unterbleiben.
 

Grundsätze für die Aggregation und Disaggregation von Informationen

Dem Kritikpunkt, dass Analysemöglichkeiten beeinträchtigt sind, wenn relevante Informationen nur aggregiert bzw. umgekehrt zu detailliert angegeben werden, ist der IASB mit neuen Vorschriften zur Aggregation und Disaggregation von Informationen begegnet. So verlangt IFRS 18.41, dass:

  • Posten auf Basis gemeinsamer Merkmale aggregiert und auf Basis nicht gemeinsamer Merkmale disaggregiert werden,
  • die Posten so aggregiert oder disaggregiert werden, dass die primären Abschlussbestandteile und der Anhang ihre Aufgaben erfüllen, und
  • die Aggregation und Disaggregation von Posten keine wesentlichen Informationen verschleiert.
 

Vom Management festgelegte Leistungskennzahlen

Mit IFRS 18 haben Unternehmen erstmals bestimmte Leistungskennzahlen (sog. Management Performance Measures (MPM)) im Anhang anzugeben und zu erläutern, sofern diese nicht im IFRS-Regelwerk definiert sind und diese in der öffentlichen Kommunikation verwendet werden, um Abschlussadressaten einen Aspekt der finanziellen Leistung des Unternehmens zu vermitteln.15

Anzugeben sind nach IFRS 18.123 unter anderem eine Beschreibung, inwieweit die MPMs nützliche finanzielle Informationen liefern, wie deren Berechnung erfolgt sowie eine Überleitungsrechnung zu vergleichbaren nach IFRS vorgeschriebenen Summen oder Zwischensummen. Die Angabe hat zudem eine Erklärung zu enthalten, dass die MPM die Sicht des Managements zu einem Aspekt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens als Ganzes darstellen und nicht unbedingt mit Kennzahlen vergleichbar sind, die ggf. ähnliche Bezeichnungen oder Beschreibungen bei anderen Unternehmen haben.16
 

Anwendungszeitpunkt und Übergangsregelungen

IFRS 18 ist erstmals für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2027 beginnen, anzuwenden. Die Anwendung hat retrospektiv gem. den Vorschriften des IAS 8 zu erfolgen, wobei keine Angaben nach IAS 8.28 (f) zu Änderungsbeträgen zu tätigen sind. Stattdessen ist für die Vergleichsperiode unmittelbar eine Überleitungsrechnung für jeden Posten der GuV zwischen den nach IFRS 18 ausgewiesenen Beträgen und den zuvor nach IAS 1 ausgewiesen Beträgen anzugeben. Detaillierte Übergangsvorschriften finden sich in Anhang C von IFRS 18. Eine freiwillige vorzeitige Anwendung ist zulässig, setzt aber ein entsprechendes EU-Endorsement voraus. Ein solches ist derzeit noch ausstehend.
 


Vgl. IFRS 18.BC3
Vgl. IFRS 18.52 und IFRS 18.B42
Vgl. IFRS 18.78
Vgl. IFRS 18.BC250 ff.
Vgl. IFRS 18.83
Vgl. IFRS 18.59 (a) und IFRS 18.60
Vgl. IFRS 18.59 (b) und IFRS 18.61
Vgl. IFRS 18.68
Vgl. IFRS 18.49 f. und IFRS B31 f.
10 Vgl. IFRS 18.B56 ff. und IFRS 18.B70 ff.
11 Vgl. IFRS B65 ff.
12 Vgl. Bischof/Schunk/Schaden in: DB 2024, S. 1700.
13 Vgl. IFRS 18.16
14 Vgl. IFRS 18.17
15 Vgl. IFRS 18.117
16 Vgl. IFRS 18.122