Liebe Private Equity-Kunden und -Geschäftsfreunde,
in Zeiten multifaktorieller Krisen ist Private Equity in der Governance ihrer Portfolio-Unternehmen mehr als sonst gefordert, Strategien anzupassen und systematisch alle Ressourcen so effektiv und effizient einzusetzen wie möglich.
Wie dies zielführend gelingen kann, schildert der Beitrag unseres Strategie- und Business Transformation-Experten Jens Ekopf. Mit seinem E2-Modell kann Private Equity Portfolio-Unternehmen auch durch schwere See lotsen und Werte nicht nur sichern, sondern nachhaltig weiterentwickeln.
von Jens Ekopf
Krisen im Umfeld von Portfolio-Unternehmen sind längst ein Dauerzustand. Es gilt daher negative Auswirkungen der Corona-, Ukraine-, Inflations- und Energiekrise sowie stark anziehender Regulatorik so gering wie möglich zu halten.
Zur nachhaltigen Wertsicherung ist Private Equity in der aktuellen Governance mehr als sonst gefordert, alle Ressourcen einzusetzen und systematisch aufzuräumen. Liquidität muss kurzfristig gesichert werden, bevor das Unternehmen kentert. Kosten müssen nachhaltig, aber intelligent gesenkt werden. Ohne dabei vielversprechende Wachstumstreiber zu gefährden. Gut getrimmt können Portfolio-Unternehmen von der Wertsicherung dann wieder zur Wertsteigerung übergehen.
Geschäftsmodell permanent in Frage stellen
Gerade in Krisenzeiten sollte PE die Geschäftsmodelle ihrer Portfolio-Unternehmen vor dem Hintergrund einer auf Wachstum ausgerichteten Strategie adaptieren, verschlanken und konsequent auf den Markt ausrichten. Sowohl die Strategie als auch das Geschäftsmodell muss im Rahmen einer mittelfristigen Wachstumssicherung überprüft werden. Ebenso müssen Ressourcen auf weniger Tätigkeiten konzentriert und fokussierter für die Strategieumsetzung eingesetzt werden.
Pragmatische Ansätze zur Strukturierung der Inhalte der Strategieentwicklung sind aus der Lehre weithin bekannt. Diese Modelle umfassen meist die sieben wesentlichen Kernbestandteile der Strategiearbeit und gliedern diese wiederum in ihre wesentlichen Handlungsfelder.
Der Strategische Kern kristallisiert sich um den klaren Fokus auf:
- Produkte,
- Zielkunden- und -märkte,
- Kernkompetenzen und
- Finanzierung.
Der Investor wird hier seine Vorstellungen abhängig von der Investmentzyklusphase einbringen: Nach dem Entry-Investment stehen in der Regel zur schnellen Überwindung von J-Curve-Effekten insbesondere Streamlining-Maßnahmen mit Fokus auf Struktur- und Systemverbesserungen, Prozessoptimierung sowie Kostensenkung im Vordergrund. Sobald die so optimierte Trimmung dann höhere Geschwindigkeiten härter am Wind erlaubt, sind in der Corporate Development-Phase die Handlungsfelder
- Kundenwahrnehmung/ -schnittstelle,
- Wertschöpfungstiefe(-kette),
- Akquisitionen/Kooperationen/Allianzen, und
- Humankapital
gezielt auf den jeweiligen Einfluss auf die Wachstumsstrategie zu untersuchen und ggf. zu adaptieren. Mit Blick auf den Exit, die dafür vorgesehene Timeline und das potenzielle Käuferuniversum sind Wachstumspotenziale dann möglichst weitgehend auszuschöpfen oder zumindest für die Zukunft quantifizierbar zu machen. Zu jedem dieser Handlungsfelder müssen daher im Rahmen der Strategieentwicklung entsprechende Optionen für die Zukunft definiert werden.
Kostensenkung ja, aber intelligent!
In Zeiten drohender Umsatz- und Ergebniseinbrüche reicht es für Portfolio-Unternehmen nicht mehr aus, Kosten mittels einer pauschalen Reduzierung zu senken („Rasenmäher“-Ansatz). Gefragt sind vielmehr tiefgreifende Kostenoptimierung und Redimensionierungen der Strukturen, ohne dabei die Wachstumstreiber des Unternehmens zu zerstören. Dabei ist im Navigations-Cockpit die Kapitaldienstfähigkeit und der Headroom zur Einhaltung der Covenants immer im Blick zu halten.
Effektivität - Bereitstellung eines zielführenden Leistungsportfolios
Die Crew von Portfolio-Unternehmen tendiert nicht selten dazu, das Material bauchiger zu trimmen, als notwendig wäre, um Strategie und Geschäftsmodell erfolgreich umzusetzen.
In Zeiten guten Wetters werden Leistungen vor allem der Zentralfunktionen oftmals generös ausgebaut. Dies geschieht in der Regel mehr oder minder unbewusst und schleichend – hier mal eine FTE und dort auch eine gute Begründung für weitere Kapazitäten. Insbesondere in Wachstumsphasen ist das Kostenbewusstsein gemeinhin geringer ausgeprägt. Aber viel hilft nicht immer viel. Komplexitäten und Bürokratie nehmen drastisch zu und binden kritische Ressourcen. Die Windenergie kann, um im Bild zu bleiben, nicht mehr in beschleunigten Vortrieb umgesetzt werden. Es gilt nun, durch straffere Trimmung den Ressourceneinsatz zu optimieren, um das Ergebniswachstum wieder zu treiben.
In Zeiten schlechten Wetters und schwerer See hingegen müssen Kosten strukturell gesenkt werden, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens wieder sicherzustellen. Unternehmen können auch 25% weniger Umsatz erwirtschaften, der operative Gewinn ist letztlich eine Frage der Anpassungsfähigkeit und Konsequenz des Ressourceneinsatzes.
Wir empfehlen, die internen Leistungen detailliert zu prüfen und ein adjustiertes, aber zielorientiert hinreichendes Leistungsangebot zu definieren. Mittels eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage auch der internen Leistungen können i. d. R. innerhalb kurzer Zeit hohe Sach- und Gemeinkosten sowie ein überdimensioniertes internes Leistungsangebot auf ein hinreichendes Niveau reduziert werden. Wie hierbei vorzugehen ist, zeigt nachfolgende Abbildung:
Zunächst muss mit dem Management Team auf Basis des Geschäftsmodells und der Strategie das zu sichernde Komfortniveau sowie die Funktionalstrategie festgelegt werden.
Anschließend werden alle internen Leistungen und entsprechenden Service Level für die betrachteten funktionalen Bereiche erhoben und qualitativ wie auch quantitativ bewertet (erforderliche Mitarbeiter, Kosten, Mengen, Häufigkeit etc.). Dadurch entsteht für jede Leistung eine Bewertung des konkreten Nutzens. Zur Priorisierung des Leistungsportfolios werden die drei Kategorien von Leistungen „zwingend erforderlich“, „mittelfristig verzichtbar“ und „kurzfristig verzichtbar“ verwendet.
Diese drei Kategorien helfen bei der Abschätzung des Einsparungspotenzials, einer Risikobewertung nötiger bzw. nicht notwendiger Investitionen und einer Detaillierung des Leistungsabbaus (Dauer, erforderliche Veränderungen etc.). Nach unserer Erfahrung sind anhand dieser Informationen Sach- und Personalkosten kurzfristig und nachhaltig um 20% und mehr reduzierbar - unter Berücksichtigung eines hinreichenden Risikoprofils.
Auch eine „Haushaltssperre“ von Investitionen und Entwicklungsprojekten muss in diesem Zusammenhang in Betracht gezogen werden, wenn dadurch ein krisenadäquates, konsequent am ROI ausgerichtetes Investitions- und Entwicklungsportfolio sichergestellt werden kann.
Flexibilität in der Wertschöpfungstiefe
Eine weitere Möglichkeit zur nachhaltigen Kostenreduzierung ist die deutliche Veränderung der Wertschöpfungstiefe. Während Aufgaben des Kerngeschäfts aufgrund von Wettbewerbsvorteilen und zur Erhaltung der Unternehmensidentität immer im eigenen Unternehmen verbleiben müssen, können zahlreiche weitere Aufgaben oft günstiger von externen Anbietern ausgeführt werden. Dadurch wird eine Variabilisierung der Kosten und eine Senkung der (Management-) Komplexität erreicht. Auch der gegenläufige Effekt ist denkbar: Können eigene Ressourcen nicht schnell genug abgebaut werden,
können Fremdleistungen (temporär) durch Insourcing reduziert und damit die positive GuV-Wirkung der Einsparmaßnahmen sichergestellt werden.
Bevor allerdings alternative In-/Outsourcing-Szenarien entwickelt werden können, müssen mögliche Fremdbezugsbarrieren und Lieferkettenrisiken identifiziert werden. Bei der Bewertung der Szenarien im Rahmen von Business Cases und Scoring-Modellen müssen vor allem prozessuale und strukturelle Implikationen von In- und Outsourcing berücksichtigt werden.
Sicherstellung der organisatorischen und prozessualen Effizienz
Nach der Festlegung eines hinreichenden Leistungsportfolios und der Abwägung zwischen eigener und fremder Leistungserbringung erfolgt die Anpassung der internen Strukturen. Dabei werden die betroffenen Bereiche und Abteilungen entsprechend der reduzierten Leistungen und veränderten Kapazitäten umorganisiert und die Prozesse angepasst.
Eine Priorisierung auf Basis eines Wertschöpfungskettendiagramms zeigt, welche Prozesse besonders gravierende Kapazitätsanpassungen notwendig machen. Diese Prozesse werden analysiert, auf Schwachstellen hin überprüft und adaptiert. So werden prozessuale Verbesserungspotenziale aufgedeckt und zugehörige Maßnahmen eingeleitet. Prozessbenchmarks helfen hier bei der Indentifikation möglicher weiterer Potenziale – Stichwort: Automatisierungsgrad.
Im nächsten Schritt werden Organisationsszenarien entwickelt, Rollen und Verantwortlichkeiten überprüft, Leitungsspannen optimiert und insgesamt eine prozessorientierte Aufbauorganisation hergestellt. Nach Bewertung und Auswahl eines Szenarios werden den Organisationseinheiten spezifische (adjustierte) Einzelleistungen, Rollen, Kapazitäten und schließlich auch konkrete Mitarbeiter zugeordnet. So entsteht eine neue, schlagkräftige Aufbauorganisation, die das kostenoptimierte und wachstumsfördernde Leistungsportfolio höchstmöglich unterstützt.
Kostensenkungspotenziale nachhaltig umsetzen
Kostensenkungspotenziale allein bringen noch keine GuV-wirksamen Effekte. Um nachhaltig Kosten zu senken und vergangene Schwachstellen nicht wieder aufbrechen zu lassen, muss ein konsequentes Maßnahmencontrolling und dauerhaftes Kostenmanagement etabliert werden. Bei auftretenden Abweichungen ist frühzeitiges und beherztes Gegensteuern erforderlich. Instrumente, wie z. B. die Balanced Scorecard mit strategischen Steuerungsgrößen wie Strukturkosten- und Ressourceneinsatz-Quoten sowie ein aussagekräftiges Berichtswesen helfen dabei. Die Integration von konkreten Einsparungszielen und -maßnahmen in Zielvereinbarungen und eine zielkonforme Vergütungslogik incentiviert eine „Kostenkultur“ im Unternehmen und somit langfristig eine kostenoptimale Struktur.
Strategische Vorteile im Aufschwung nutzen
Sobald diese Maßnahmenpakete greifen, müssen die eingesparten Ressourcen zur Fokussierung auf nachhaltiges Wachstum genutzt werden. Beispielsweise ist eine Intensivierung des Marktauftritts, eine strikte Fokussierung auf Vertriebsaktivitäten etc. zu erwägen. Dieses schnelle Umschalten von Krisenbewältigung auf Wachstum kann ein entscheidender, strategischer Vorteil gegenüber den noch krisengeplagten Wettbewerbern darstellen und daher helfen, die Marktposition des Portfolio-Unternehmens zu festigen bzw. auszubauen.
Fazit: Das E²-Modell als Turbo für die Wertsteigerung
In der Phase des Abschwungs gilt es, zunächst Ergebnisse und Liquidität durch schnelle, nachhaltige Kostenreduktionen zu sichern. Auf pauschale Kostenreduzierung sollte dabei möglichst verzichtet werden. Bei zu straffer Trimmung zu hart am Wind kann das Material reißen i. e. das Unternehmen sowie dessen Wachstumsperspektive nachhaltig schädigen. Die Etablierung einer dauerhaft stabilen „Kostenkultur“ im Unternehmen hilft, langfristig eine kostenoptimale Struktur beizubehalten, ohne dass das Unternehmen nach einiger Zeit wieder in schlechte Gewohnheiten alter Strukturen zurückfällt. Sobald die ersten Kostensenkungsmaßnahmen greifen und die Liquidität gesichert ist, muss sich das Unternehmen
auf die mittel- und langfristige Sicherung der Flexibilität und des zukünftigen Wachstums konzentrieren.
Mit diesem Vorgehen kann Private Equity proaktiv bei den Portfolio-Unternehmen kostenoptimierte Strukturen etablieren, ohne deren Wachstumsambitionen zu verkürzen. Die perfekte Trimmung ist das Geheimnis: Damit überstehen Portfolio-Unternehmen nicht mehr nur schweres Wetter. Sondern können im Wettbewerb nachhaltig Plätze gutmachen.
So aufgestellt ist die „Value Creation“ hinreichend gesichert und immer eine Handbreit Wasser unter´m Kiel.