Ohne „ordnende Hand“ keine zielgerichtete OZG-Umsetzung in den Kommunen

Laut Online-Zugangsgesetz (OZG) sollen bis Ende des Jahres neben dem Bund und den Ländern die Kommunen mehrere Hundert Verwaltungsdienstleistungen digital umgestellt haben. Trotz erster Erfolge bleibt noch viel zu tun und es ist sehr fraglich, ob es auf der kommunalen Ebene tatsächlich zu einem flächendeckenden digitalen Zugang bis Jahresende kommen kann. Die OZG-Portfoliomethode der BDO kann dabei die Kommunen bei dieser „Herkules-Aufgabe“ zielgerichtet unterstützen.

Das OZG ist historisch gesehen die größte Reform- und Transformationsmaßnahme für die kommunale Ebene in Deutschland. Die dadurch ausgelösten potenziellen Veränderungen in der Kommunalverwaltung sind deutlich umfassender als die bei der Reform des kommunalen Finanz- und Haushaltswesens. Von den 575 Leistungsbündeln die zur Umsetzung anstehen, sind allein 460 mit kommunaler Beteiligung. Auch wenn die gesetzliche Umstellungsfrist noch bis zum Jahresende reicht, hat die Zwischenbilanz Licht und Schatten. Nach Informationen der Bundesregierung sind aktuell von den 575 Maßnahmen 71 in dem Status Go-Live, 202 in der Umsetzung vor dem Go-Live und 83 weitere in der Planung. Das bedeutet aber auch, dass unter Berücksichtigung der 77 bereits eingeführten Bundesvorhaben 142 geplante Maßnahmen aktuell noch außen vor sind.

Trotz aller ersten Erfolge und Anstrengungen auf den föderalen Ebenen sowie der arbeitsteiligen Umsetzungsorganisation zwischen Bund, Ländern und Kommunen, fällt es insbesondere den Kommunen schwer, die entsprechenden Maßnahmen flächendeckend einzuführen. Dies lässt sich besonders gut an den beiden Landkreisen mit der aktuelle höchsten Umsetzungszahlen in Deutschland zeigen, den Kreis Heinsberg und die Städteregion Aachen. Die Städteregion Aachen verfügt aktuell mit 258 über die meisten OZG-Leistungen. Allerdings ist der größte Teil nicht flächendeckend in der Region verfügbar. Dies sind lediglich die 77 bundesweiten, die 1 landesweite und die 12 kreisweiten Leistungen, während 168 Leistungen nur in mindestens 1 Gemeinde verfügbar sind. Ähnliches gilt auch für die gegenwärtige Nummer 2 in Deutschland, den Kreis Heinsberg: Hier sind von 227 insgesamt verfügbaren Leistungen nur 137 kreisweit nutzbar.

Vielzahl der Maßnahmen und Ressourcenknappheit erfordern Priorisierung

Angesichts der technischen Komplexität und der Notwendigkeit von qualifizierten Personalressourcen sowie von entsprechenden Finanzmitteln gerät nach unserer Beobachtung die zielgerichtete Umsetzung in vielen Kommunen deshalb ins Stocken, weil die Zielgenauigkeit mancher kommunaler Entscheidung durchaus fraglich erscheint. In diesen Fällen helfen dann arbeitsteilige Umsetzung und auch finanzielle Hilfen des Bundes nur begrenzt. Teilweise wird die Herausforderung noch größer, da einige Kommunen neben den OZG Leistungen hinaus noch weitere eigene Vorhaben planen. Unter anderem aus den vorgenannten Gründen hat der Normenkontrollrat (NKR) bereits im Jahr 2020 mit den Servicestandards 19 Qualitätsprinzipien entwickelt auf deren Basis er im Jahr 2021 ein Servicehandbuch herausgegeben hat, das den Beteiligten wichtige Empfehlungen bei der Entwicklung und Optimierung digitaler Verwaltungsdienstleistungen bieten soll. Auf dieser Basis hat BDO bei seinen verschiedenen OZG-Beratungsaufträgen eine Portfoliomethode entwickelt, die es kommunalen Entscheidungsträgern erlaubt, ein zielgerichtetes Umsetzungsprogramm zu erstellen und abzuarbeiten, das den Nutzen für alle Beteiligten in einer Kommune maximiert und so zu einer Beschleunigung der Digitalisierung beitragen kann.

Strategische Ziel- und Umsetzungsorientierung verbinden

Unsere Portfoliomethode der „ordnenden Hand“ dient Kommunen als zentrales Planungs- und Steuerungsinstrument der zum Teil umfassenden Maßnahmenprogramme. Die Kommunen bekommen so eine Empfehlung und Orientierung für ein systematisches Vorgehen durch eine Priorisierung der verschiedenen Umsetzungsvorhaben. Die Methodik basiert dabei wie auch die Qualitätsprinzipien des NKR zentral in mehrerlei Hinsicht auf der Nutzerorientierung. Zum einen wird die Umsetzungsdimension in drei verschiedene Nutzerkategorien aufgeteilt: Kundenorientierung, Verwaltung und Infrastruktur, die sich wiederum weiter differenzieren lassen. Zum anderen zieht sich die Nutzerorientierung wie ein roter Faden durch die verschiedenen Kategorien der zweiten Dimension, der strategischen Zielorientierung wie Interaktion, Dienstleistungen, Leistungserbringung und Leistungsunterstützung mit ihren weiteren Kriterien. Anhand dieser zwei Dimensionen und der sich daraus ergebenden Matrix (siehe auch Grafik) lassen sich nun die einzelnen Vorhaben nach ihrem strategischen Zielbeitrag bewerten und Priorisieren. Darüber hinaus kann eine Kommune auch ihr geplantes Maßnahmenportfolio auf mögliche „Lücken“ sowohl in der Umsetzung als auch in dem gewünschten Zielbeitrag überprüfen. Zu diesem Zweck werden die einzelnen Maßnahmen mit ihren entsprechenden Beiträgen in der Matrix visualisiert und in der Gesamtschau entsprechend ausgewertet.


Nutzerorientierte Bewertungskriterien sind entscheidend

Priorität sollten die Maßnahmen genießen, die in der Gesamtschau den höchsten Zielbeitrag haben. Das sind in der Logik der Matrix die Maßnahmen, die die höchste Anzahl an Übereinstimmung zu den einzelnen Bewertungskriterien haben. Die Kriterien der zuvor genannten 4 Kategorien Interaktion, Dienstleistungen, Leistungserbringung und Leistungsunterstützung beschreiben dabei unterschiedliche nutzenstiftende Effekte, die überwiegend stark von der Nutzerorientierung geprägt sind. Bei den Interaktionskriterien wird zum Beispiel grundsätzlich Wert auf eine aktive Information und einen intensiveren Dialog mit den externen Nutzern und mit ihren Beschäftigten gelegt. Zugleich ist es notwendig, dass die Maßnahmen eine zielgruppengerechte und zweckmäßige Kommunikation als auch auf eine Verbesserung digitaler Kompetenzen aller Nutzer unterstützen. Im Einzelnen gehören hier auch Kriterien wie die Unterstützung der Nutzerpartizpation durch Teilhabe, Mitsprache und Mitgestaltung sowie ein Beitrag zur Transparenzerhöhung im Dialog mit den jeweiligen Adressaten und Nutzern dazu. Die Kriterien der Kategorie Dienstleistungen konzentrieren sich u.a. auf die Barrierefreiheit und ihre zeit- und ortsunabhängige Verfügbarkeit. Hier wird zudem beurteilt, inwieweit die Maßnahme den Bekanntheitsgrad der Lösung und damit auch ihre digitale Nutzungsintensität erhöht. In Ergänzung hierzu umfasst die Kriterienkategorie Leistungserbringung den Beitrag der jeweiligen Maßnahme bei der Reorganisation der Arbeitsabläufe, insbesondere im Hinblick auf den Auf- und Ausbau kooperativer, interdisziplinärer Organisations- und Arbeitsformen. Ferner wird auch die Vorbereitung der Beschäftigten auf die notwendigen Veränderungen und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die entsprechende Umsetzungsmaßnahme in die Bewertung miteinbezogen. Zu guter Letzt wird in der Kategorie Leistungsunterstützung der Beitrag der Maßnahme für den Schutz und die Sicherheit der Daten sowie für ein transparentes Verwaltungshandeln als Voraussetzungen für ein souveränes, selbstbestimmtes Handeln aller Beteiligten herangezogen. Hierbei handelt es sich vor allem um Aspekte des Datenschutzes, der Informationssicherheit und den Beitrag zu einer zukunftsfähigen IKT-Infrastruktur.

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