Finale Änderungen für Finanzinstrumente ab dem 1.1.2026


Abstract

Am 30. Mai 2024 hat das International Accounting Standards Board (IASB) Änderungen an der Klassifizierung sowie Offenlegung von Finanzinstrumenten veröffentlicht, um die Bestimmungen des IFRS 9 wie auch jenen des IFRS 7 anzupassen. Die Änderungen sind das Ergebnis eines Post Implementation Reviews, welcher mit dem Ziel begonnen wurde, die Auswirkungen des IFRS 9 auf Investoren, Ersteller und Prüfer (wesentliche Stakeholder) nach seiner Veröffentlichung und Anwendung zu bewerten. In diesem Zusammenhang werden ab 1.1.2026 (mit der Möglichkeit einer früheren Anwendung) Änderungen in der Ausbuchung finanzieller Verbindlichkeiten, der Klassifizierung von Finanzinstrumenten und Anhangangaben in Kraft gesetzt.
 

Finale Änderungen

Die nunmehr vom IASB final beschlossenen Änderungen des IFRS 9 und IFRS 7 adressieren die Bedenken der Stakeholder im Bereich der Ausbuchung finanzieller Verbindlichkeiten, der Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten und der dazugehörigen Anhangangaben, wie folgt:
 

1)    Ausbuchung finanzieller Verbindlichkeiten, die durch elektronische Überweisungen beglichen werden

Die Interessensgruppen waren besorgt über die Anwendung langjähriger Praktiken im Zusammenhang mit der Ausbuchung finanzieller Verbindlichkeiten, die durch elektronische Überweisungen beglichen werden wie auch über die Kosten der Anwendung und den möglichen Folgen für andere Sachverhalte, insbesondere der Ausbuchung von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.

Das IASB wollte den Stakeholdern ihre Bedenken nehmen, indem IFRS 9.B3.3.8 klarer formuliert und folgende Anforderungen in Kraft gesetzt werden, die in solchen Fällen kumuliert erfüllt sein müssen, um eine finanzielle Verbindlichkeit schon vor dem Zeitpunkt der Erfüllung ausbuchen zu können:33
  • Sofern keine praktische Möglichkeit besteht, eine über ein elektronisches Zahlungssystem erteilte Zahlungsanweisung zurückzuziehen, diese zu stoppen oder zu stornieren.
  • Sofern keine praktische Möglichkeit des Zugriffs auf das für den Zahlungsausgleich verwendete Bargeld als Folge der Zahlungsanweisung besteht.
  • Sofern das Erfüllungsrisiko der Zahlung als unwesentlich erachtet werden kann.
Eine symmetrische Erfassung der korrespondierenden Forderung durch den Kontrahenten bleibt auch nach dem IFRS 9 Amendment nicht zulässig.
 

2)    Klassifizierung der finanziellen Vermögenswerte

 
a.    Finanzielle Vermögenswerte mit ESG-bezogenen Merkmalen 
Das Kernproblem bei finanziellen Vermögenswerten mit ESG-Merkmalen (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) war die Schwierigkeit, die SPPI-Anforderungen (Cashflow-Struktur ausschließliche über Zahlung von Kapital und Zinsen) bei ESG-gebundenen Vermögenswerten nicht zu erfüllen und somit nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerten zu können, obwohl diese Methode nützlichere Informationen über diese Vermögenswerte liefern würde.
Das IASB lehnte es ab, die ESG-gebundenen Vermögenswerte als Ausnahme zu behandeln, hat aber im Gegenzug Änderungen an den zulässigen Kriterien für die Klassifizierung zu fortgeführten Anschaffungskosten vorgenommen, wonach ein Finanzinstrument die SPPI-Kriterien auch dann erfüllt34,
  • wenn die vertraglichen Cashflows im Zusammenhang mit dem ungewissen Ereignis zu Cashflows, die sowohl vor als auch nach Eintritt/Nichteintritt des ungewissen Ereignisses SPPI stehen, führen (IFRS 9.B4.1.10), und
  • wenn sich die vertraglichen Cashflows in allen vertraglich möglichen Szenarien nicht wesentlich von den Cashflows eines Finanzinstruments mit ansonsten identischen Vertragsbedingungen, aber ohne solch ein ungewisses Ereignisses, unterscheiden (IFRS 9.B4.1.10A).
Diese Änderungen und Klarstellungen können es für ESG-gebundene Vermögenswerte weniger schwierig machen, den SPPI-Test zu bestehen, insbesondere wenn die an die ESG-Kriterien gebundene Variabilität der Zahlungsströme einen Ausgleich für grundlegende Kreditrisiken darstellt und somit eine Klassifizierung zu fortgeführten Anschaffungskosten ermöglichen kann.
 
b.    Sonstige Arten von finanziellen Vermögenswerten
Die Stakeholder haben um Klarstellung von Finanzinstrumenten ohne Rückgriffsrechte ersucht, um diese von Vermögenswerten, deren Forderung durch als Sicherheit verpfändete Vermögenswerte gesichert ist, zu unterscheiden. Finanzinstrumente ohne Rückgriffsrechte sind jene, wo es keine zusätzlichen Verpflichtungen des Schuldners über jene des spezifizierten Vermögenswertes hinausgibt, wohingegen der Gläubiger bei einem besicherten Darlehen auch während der Laufzeit einen Rückgriff auf den Schuldner hat.35

Das IASB führt aus, dass eine „look-through Bewertung“ vorzunehmen ist, welche dazu dient, den Zusammenhang zwischen den zugrundeliegenden Vermögenswerten und vertraglichen Cashflows zu verstehen. Um Rückgriffsrechte als solche zu betrachten, müssen diese auch vertraglicher und nicht nur wirtschaftlicher Natur sein.

Zudem erfolgte eine Klarstellung an vertraglich verbundenen Finanzinstrumenten, wonach das IASB präzisierte, dass solche Instrumente immer eine vertraglich festgelegte Beziehung zwischen einzelnen Tranchen aufweisen müssen, wobei die Zahlungsmodalitäten in den Vertragsbedingungen festgelegt sind. Somit sind auch nicht alle Finanzinstrumente ohne Rückgriffsrechte automatisch vertraglich verbundene Instrumente. Künftig werden die Charakteristika vertraglich verbundener Instrumente von anderen Transaktionen unterschieden. Nicht alle Transaktionen mit mehreren Schuldtiteln erfüllen die Kriterien vertraglich verbundener Instrumente.36 Die Anpassungen zu vertraglich verbundenen Finanzinstrumenten führen zu einer deutlichen Erleichterung für Sponsoren von „privaten“ Verbriefungsstrukturen hinsichtlich der SPPI-Kriterien.
 

3)    Änderungen von Anhangangaben

 
a.    FVOCI Eigenkapitalinstrumente
Eigenkapitalinstrumente, welche über das sonstige Ergebnis und entsprechender Rücklage bewertet werden, dürfen nach IFRS 9 auch bei Ausbuchung nicht in die Gewinn- und Verlustrechnung „recycled“ werden. Dies könnte dazu führen, dass die Leistung solcher Investitionen nicht korrekt widergespiegelt werden und weder in IFRS 9 noch in IFRS 7 zwischen realisierten und unrealisierten Gewinnen oder Verlusten unterschieden wird. Aus diesem Grund sind die kumulierten Beträge des sonstigen Ergebnisses dieser Instrumente künftig anzugeben, wobei der Gewinn oder Verlust aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, der sich auf die in der Periode ausgebuchten Finanzanlagen bezieht, und der Gewinn oder Verlust aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, der sich auf die am Ende der Periode gehaltenen Finanzanlagen bezieht, getrennt auszuweisen ist.37
 
b.    Vertragliche Vereinbarungen, die sowohl Zeitpunkt als auch Höhe vertraglicher Cashflows ändern
Um den Abschlussadressaten zu helfen, die Auswirkungen von Vertragsbedingungen zu verstehen, die die Höhe der Cashflows aufgrund des Eintretens (oder Nichteintretens) eines Ereignisses, das nicht mit den grundlegenden Kreditrisiken und -kosten zusammenhängt, verändern können, werden künftig sowohl qualitative als auch quantitative Angaben wie beispielsweise mögliche Bandbreiten von Änderungen der vertraglichen Zahlungsströme oder aber die Spanne von möglichen Anpassungen der Zinssätze, die sich durch das Eintreten von ESG Zielen ergeben könnten, vorzunehmen sein. Bedingungen, die in Standardkreditvereinbarungen häufig vorkommen (z.B. Zahlungen bei Zahlungsverzug) müssen nicht offenlegt werden, da sich die Änderungen explizit darauf beziehen, den Umfang der Offenlegung auf nicht alltägliche Bedingungen zu begrenzen.

Trotz dieser Verpflichtung zur Offenlegung quantitativer Angaben wurde vom IASB entschieden, dass keine Sensitivitätsanalysen oder sonstige quantifizierbare Auswirkungsanalysen der potenziellen Änderungen vertraglicher Zahlungsströme bereitgestellt werden müssen, um den Aufwand für Unternehmen zu begrenzen.38
 

Fazit

Die Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 wurden vom IASB mit nur einer Gegenstimme so beschlossen, dass diese am 1. Januar 2026 Anwendung finden, wobei eine frühere Anwendung aller Änderungen oder aber nur der Änderungen zur Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte zulässig ist. Ein EU Endorsement besteht zum Zeitpunkt dieses Newsletters noch nicht. Die Änderungen sind retrospektiv anzuwenden und sollen den Bedenken der Stakeholder insofern Rechnung tragen, als dass eine transparentere Finanzberichterstattung und somit Einschätzung der Unternehmenssituation möglich ist.
 

[33] Vgl. Amendments to IFRS 9 and IFRS 7/2024, S. 6.
[34] Vgl. Amendments to IFRS 9 and IFRS 7/2024, S. 27ff.
[35] Vgl. Amendments to IFRS 9 and IFRS 7/2024, S. 33f.
[36] Vgl. Amendments to IFRS 9 and IFRS 7/2024, S. 34f.
[37] Vgl. Amendments to IFRS 9 and IFRS 7/2024, S. 40f.
[38] Vgl. Amendments to IFRS 9 and IFRS 7/2024, S. 42f.