Regierungsentwurf: Umsetzung der CSRD in Deutschland
Regierungsentwurf: Umsetzung der CSRD in Deutschland
Zweiter Schritt des Gesetzgebungsverfahrens
Über den ersten Schritt des Gesetzgebungsverfahrens, den Referentenentwurf vom 22.3.2024 eines Gesetzes zur Umsetzung der Anforderungen aus der CSRD in deutsches Recht, haben wir in der Ausgabe 1/2024 des Newsletters Rechnungslegung und Prüfung berichtet. Am 24. Juli 2024 hat das Bundesministerium der Justiz nunmehr den Regierungsentwurf zur Umsetzung der Anforderungen aus der CSRD in deutsches Recht veröffentlicht.Wesentliche Änderungen
Wesentliche Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf betreffen u.a.:a. Format der Berichterstattung
Berichtspflichtige Unternehmen haben nach § 289g HGB-E (bzw. 315e HGB-E) ihren (Konzern-) Lagebericht im European Single Electronic Format (ESEF) aufzustellen und den (Konzern-) Nachhaltigkeitsbericht auszuzeichnen. Der Regierungsentwurf führt eine Verschiebung dieser Formatvorgabe ein. Sie soll erst für Geschäftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2025 beginnen. Dem öffentlich diskutierten Vorschlag, statt der “Aufstellungslösung” zu einer “Offenlegungslösung” umzuschwenken, ist der Gesetzgeber nicht gefolgt.b. Anwenderkreis
Der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen umfasst in Umsetzung der CSRD grundsätzlich kapitalmarktorientierte Unternehmen i.S.d. § 264d HGB mit Ausnahme von Kleinstkapitalgesellschaften, große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB, große haftungsbeschränkte Personengesellschaften i.S.d. § 264a HGB, Kreditinstitute39 und Versicherungsunternehmen40, sofern diese bilanzrechtlich groß oder kapitalmarktorientiert i.S.d.§ 264d und kein Kleinstkreditinstitut bzw. kein Kleinstversicherungsunternehmen sind.
Für bestimmte Unternehmen des Finanzsektors führt der Regierungsentwurf neue Befreiungsvorschriften ein:
- Förderbanken i.S.d. Art. 2 Abs. 5 Nr. 5 der Richtlinie 2013/36/EU sind zur Aufstellung eines Nachhaltigkeitsberichts nur verpflichtet, wenn sie eine Bilanzsumme von 300 Mrd. EUR überschreiten und kapitalmarktorientiert sind.
- Pensionsfonds und Pensionskassen, die nicht in der Rechtsform einer AG oder SE betrieben werden, sind von der Nachhaltigkeitsberichterstattung befreit.
c. Zeitlich gestaffelte Einführung der Berichtspflichten
Im Regierungsentwurf wird eine Korrektur der Vorschriften zur zeitlich gestaffelten Einführung der Berichtspflichten durch Bezugnahme auf Unternehmen von öffentlichem Interesse statt auf kapitalmarktorientierte Gesellschaften vorgenommen (EGHGB-E):- (Mutter-)Gesellschaften, die bereits bisher zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet waren – dies sind i.W. Unternehmen von öffentlichem Interesse i.S.d. §316a Satz 2 HGB, die groß i.S.d. §267 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 bis 5 HGB sind, kapitalmarktorientierte Gesellschaften sowie Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern – müssen für nach dem 31. Dezember 2023 beginnende Geschäftsjahre erstmals nach den neuen Vorschriften berichten;
- große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 bis 5 HGB (und gleichgestellte große Personengesellschaften), Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen für nach dem 31. Dezember 2024 beginnende Geschäftsjahre;
- kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierte Unternehmen, kleine und nicht komplexe Kreditinstitute41 sowie firmeneigene (Rück-)Versicherungsunternehmen42 für nach dem 31. Dezember 2025 beginnende Geschäftsjahre (mit der Möglichkeit einer Verschiebung um zwei weitere Jahre);
- und Unternehmen aus Drittstaaten mit wesentlichen Tätigkeiten in der EU und/oder dem EWR für nach dem 31. Dezember 2027 beginnende Geschäftsjahre.
d. Befreiungsregelungen
Berichtspflichtige Tochterunternehmen sind insbesondere dann von der Erweiterung ihres (Konzern-)Lageberichts um einen (Konzern-)Nachhaltigkeitsbericht befreit, wenn sie in einen konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht eines übergeordneten Mutterunternehmens einbezogen werden, dieser Bericht nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sowie unter Beachtung von Art. 8 der Verordnung (EU) 2020/852 (EU-Taxonomie-Verordnung) und den hierzu erlassenen delegierten Rechtsakten aufgestellt und geprüft wird sowie bestimmte weitere Voraussetzungen eingehalten werden.Diese Befreiungsmöglichkeit besteht nach § 289b Abs. 2 HGB-E nicht für Kapitalgesellschaften, die kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB und groß i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 bis 5 HGB sind.
Zwei Neuerungen werden mit dem Regierungsentwurf eingeführt:
a) die Ausnahme der „künstlichen Konsolidierung“ analog zur CSRD: für Geschäftsjahre, die vor dem 7. Januar 2030 enden, kann eine EU-Tochtergesellschaft eines Mutterunternehmens mit Sitz in einem Drittstaat einen befreienden konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht für alle berichtspflichtigen EU-Tochtergesellschaften erstellen, sofern bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt sind.
b) ein Verweis auf § 293 Abs. 4 HGB für die Befreiung von der Pflicht zur Erweiterung des Konzernlageberichts um einen Konzernnachhaltigkeitsbericht (§ 315b Abs. 1 Satz 1 HGB-E).
e. Berichtspflicht nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Für Unternehmen, die gesetzlich verpflichtet sind, ihren (Konzern-)Lagebericht um einen (Konzern-)Nachhaltigkeitsbericht zu erweitern, soll die Berichtspflicht nach § 10 Abs. 2 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) entfallen. Dies gilt auch für in einen Konzernnachhaltigkeitsbericht einbezogene Tochterunternehmen, sofern das Mutterunternehmen die Berichtsanforderungen erfüllt.Die Frist zur Einreichung eines Berichts nach dem LkSG wird im Regierungsentwurf für Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2024 begonnen haben, auf dem 31. Dezember 2025 verschoben (zuvor im Referentenentwurf: 31. Dezember 2024)
(§ 12 Abs. 4 LkSG-E).
f. Neuerungen der Lageberichterstattung
Die CSRD hat eine ergänzende Regelung getroffen, wonach künftig im (Konzern-)Lagebericht Angaben zu immateriellen Ressourcen zu machen sind. Im Regierungsentwurf erfolgt eine klarstellende Anpassung des Wortlauts des Referentenentwurfs durch Verwendung des in der geänderten Bilanzrichtlinie enthaltenen Begriffs der „wichtigsten immateriellen Ressourcen“(§§ 289 Abs. 3a, 315 Abs. 3a HGB-E).
Die Einführung dieser neuen Berichtspflicht erfolgt zeitlich gestaffelt analog zur Nachhaltigkeitsberichtspflicht.
g. Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte und Berichterstattung
- Der Gesetzgeber hält (vorerst) an der Prüfung durch den Abschlussprüfer oder einen anderen Wirtschaftsprüfer fest.
- Die Berichterstattung über die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts soll in einem gesonderten Prüfungsvermerk über den Nachhaltigkeitsbericht erfolgen, auch dann, wenn der Abschlussprüfer Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts ist. Ein Prüfungsbericht ist - anders als noch im Referentenentwurf - nicht mehr vorgesehen.
Durch die Umsetzung der CSRD in deutsches Recht, die bereits zum 6. Juli 2024 hätte erfolgt sein sollen, werden - gestaffelt ab dem Geschäftsjahr 2024 - rund 15.000 deutsche Unternehmen verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht aufzustellen und diesen extern prüfen zu lassen.
[39] Die Vorschriften gelten analog für Institute u.a. Unternehmen im Anwendungsbereich der §§ 340 ff HGB sowie für Kapitalverwaltungsgesellschaften im Anwendungsbereich des § 38 KAGB.
[40] Diese Vorschriften gelten analog für Unternehmen im Anwendungsbereich der §§ 341ff HGB; bei bestimmten Pensionskassen sind Spezialvorschriften zu beachten.
[41] i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 der Verordnung (EU) Nr.575/2013.
[42] i.S.d. Art. 13 Nummer 2 bzw. Nummer 5 der Richtlinie 2009/138/EG.