Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist unter weiteren Voraussetzungen dann umsatzsteuerlicher Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Dementsprechend kann sie insoweit auch einen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend machen. Allerdings bestehen aufgrund der möglichen Handlungsvarianten – hoheitlich oder privatrechtlich – und den damit zusammenhängenden Besonderheiten einige Abgrenzungsschwierigkeiten und bei Ausführung von steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen zusätzlich die Notwendigkeit einer sachgerechten Aufteilung. Vor diesem Hintergrund hatte das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 07.12.2020 (Az. 1 K 2427/19) den Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus den Herstellungskosten einer Mehrzweckhalle mit Parkplatz und die Steuerfreiheit von Vermietungsumsätzen einschließlich mitüberlassener Betriebsvorrichtungen zu beurteilen.
Die Gemeinde hatte in den Jahren 2009 bis 2011 eine Mehrzweckhalle mit öffentlichen Parkplätzen und üblichen Betriebsvorrichtungen - Kücheneinrichtung, Hebebühne, Bühne, Tische und Stühle - neu erbaut. Diese überließ sie entgeltlich an verschiedene örtliche Institutionen, wie Vereine, Kirchen sowie Privatpersonen und Gewerbetreibende. Die Umsätze aus der Überlassung der Halle unterwarf die Klägerin insgesamt dem Regelsteuersatz und machte die vollständige Vorsteuer aus den Baukosten sowie den laufenden Kosten geltend. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ließ das Finanzamt aus den Herstellungskosten der Halle nur einen anteiligen Vorsteuerabzug von rd. 23 % zu, da die übrigen Vermietungsleistungen regelmäßig steuerfrei sind und das Optionsrecht nach § 9 UStG für Vermietungsumsätze an den nichtunternehmerischen Bereich (z.B. private Veranstaltungen), an den ideellen Vereinsbereich oder an Kleinunternehmer, die nicht zur Regelbesteuerung optiert hätten, ausscheidet. Den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Betriebsvorrichtungen gewährte es wegen § 4 Nr. 12 S. 2 UStG in voller Höhe. Hinsichtlich des Parkplatzes versagte es den Vorsteuerabzug vollständig, da dieser wegen gemischter Nutzung auch außerhalb der Veranstaltungen in der Halle nicht dem Unternehmensvermögen zuzuordnen sei und zudem unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde, also keine steuerpflichtigen Ausgangsumsätze vorlagen.
Bezüglich der Hallenvermietung bestätigte das FG die Auffassung der Finanzverwaltung. Die Gemeinde handelte hier aufgrund der gewählten Gestaltung mit einer kommunalen Benutzungsordnung und entsprechenden öffentlich-rechtlichen Verträgen zwar aufgrund öffentlich-rechtlicher Grundlage. Sie war aber dennoch umsatzsteuerlicher Unternehmer, da ihre Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen lokalen und - aufgrund der Größe und des Zuschnitts der verschiedenen Hallenflächen - überregionalen privaten Anbietern von Veranstaltungsflächen, wie Gaststätten, Restaurants mit Tagungssälen und private Veranstaltungszentren geführt hätte. Dass das Nutzungsentgelt nicht kostendeckend war, steht der Unternehmereigenschaft nicht entgegen. Ebenso bestätigte das FG allerdings die Voraussetzungen für den teilweisen Ausschluss des Vorsteuerabzugs, soweit die Klägerin die Halle bzw. Teile davon an Nichtunternehmer oder an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer überlassen hatte und die Möglichkeit, auf die Steuerfreiheit nach § 9 UStG zu verzichten, insoweit nicht besteht. Unbeachtlich ist zudem die nur kurzfristige Überlassung an die Nutzergruppen, da dies nur bei Wohn- und Schlafräumen der Abgrenzung zur steuerpflichtigen Beherbergung von Fremden dient.
Hinweis: Allerdings eröffnete das FG die Revision im Hinblick auf die Frage, ob kurzfristige Überlassungen von Grundstücken oder Grundstücksteilen aus dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG ausgenommen sind.
Hinsichtlich der mit der Hallennutzung überlassenen Betriebsvorrichtungen vertrat das FG allerdings eine andere Auffassung. Denn diese Leistung könnte unter den gegebenen Umständen nicht für sich betrachtet werden. Denn die Vermietung der Halle nebst Betriebsvorrichtungen (Bühne, Hebebühne, Kücheneinrichtung, Tische und Stühle) stellt eine einheitliche Leistung dar. Diese Ausstattungsgegenstände waren speziell auf die Halle und deren Nutzung abgestimmt und dienten ausschließlich deren Funktionalität. Eine gesonderte Überlassung der Betriebsvorrichtungen an Nutzer - ohne eine Überlassung der Räumlichkeiten - war offenbar ausgeschlossen, jedenfalls aber fernliegend. Damit ist die (Mit-)Überlassung der Betriebsvorrichtungen eine untergeordnete Nebenleistung und umsatzsteuerrechtlich ebenso zu behandeln wie die Hauptleistung. Damit ist aber auch der Vorsteuerabzug in dem Umfang ausgeschlossen, in dem die Vermietungsleistung an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer erbracht wird. Angesichts der im finanzgerichtlichen Verfahren aber nicht zulässigen weiteren Versagung eines Vorsteuerabzugs (Verböserungsverbot) hatte diese Auffassung zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen.
Das Finanzgericht gewährte der Gemeinde allerdings entgegen der Auffassung des Finanzamts einen ebenfalls anteiligen Vorsteuerabzug für die Aufwendungen des Parkplatzes. Zwar ist eine Zuordnung von dem Allgemeingebrauch dienenden öffentlichen Einrichtungen (öffentliche Widmung) und Anlagen zu einem Unternehmensvermögen grundsätzlich nicht möglich. Dies gilt aber nur dann, wenn die unternehmerische Nutzung deckungsgleich mit der Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs ist. Bei einer über den Gemeingebrauch hinausgehenden Sondernutzung gegen Entgelt ist anders zu entscheiden. So war der Neubau der Mehrzweckhalle baurechtlich an die Herstellung der Parkplätze geknüpft und die Gemeinde hätte die wirtschaftliche Vermietungstätigkeit folglich nicht ausüben können, wenn der Parkplatz nicht hergestellt worden wäre. Insoweit bestand ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Herstellung des Parkplatzes und der gesamten mit dem Betrieb der Halle in Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Tätigkeit. Eine kostenlose Nutzung des Parkplatzes auch außerhalb der Veranstaltungen in der Halle steht dem nicht entgegen. Entsprechend dem nur anteiligen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten der Halle, konnten auch die Vorsteuern aus der Parkplatzherstellung nur anteilig abgezogen werden.
Schließlich führte dies jedoch nicht zu einer Herabsetzung der Umsatzsteuer insgesamt, da das Finanzgereicht den höheren Vorsteuerabzug aus dem Parkplatz mit der niedrigeren Vorsteuer aus den Betriebsvorrichtung saldierte. Dies verstößt nicht gegen das Verböserungsverbot, da einzelne, unselbständige Besteuerungsgrundlagen bis zum Betrag der ursprünglichen Steuerfestsetzung miteinander verrechnet werden können.
Hinweis: Der Gesetzgeber regelte die Besteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts in § 2b UStG allerdings neu. Damit ergaben sich erstmals unternehmerische Bereiche, die vorher als nichtunternehmermische zu behandeln waren. Die neue Norm trat zwar am 01.01.2016 in Kraft, für eine erstmalige zwingende Anwendung hatte der Gesetzgeber jedoch eine fünfjährige Übergangsregelung bis Ende 2020 vorgesehen (§ 27 Abs. 22 UStG). Mit dem Corona-Steuerhilfegesetz wurde diese allerdings bis zum 31.12.2022 verlängert. Betroffene juristische Personen sollten die zusätzliche Zeit zur Auseinandersetzung mit der Materie und der Umsetzung notwendiger Maßnahmen jedoch nutzen. Insbesondere die oftmals nötige Einzelfallbetrachtung hinsichtlich der Wettbewerbsverzerrung ist sehr zeitaufwendig. Da im Rahmen dieser Prüfung bislang weder von der Rechtsprechung noch von der Finanzverwaltung alle berücksichtigungsfähigen Aspekte hinreichend konkretisiert wurden, bestehen immer noch zahlreiche offene Rechtsfragen. Die Spezialisten der BDO für öffentliche Unternehmen unterstützen Sie gerne. Sprechen Sie uns an.
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