Auch die CSRD (Corprate Social Responsibility Directive) verpflichtet die Kontrollgremien dazu, sich vermehrt mit ESG-Themen zu befassen, sodass diese mittlerweile durchaus auf Augenhöhe mit klassischen Finanzthemen stehen.
Werden derartige Pflichten ignoriert oder gar verletzt, ist das Risiko für Unternehmen hoch. Image-Schäden und Unmut bei Stakeholdern können nicht zuletzt dazu führen, dass die Loyalität von Kunden und Angestellten gefährdet wird. Von Finanzierungsherausforderungen ganz zu schweigen.
ESG, allgemein Nachhaltigkeit, sind unbestritten auf der Tagesordnung von Aufsichtsräten angekommen und treiben kluge Unternehmenslenker dazu an, neue ESG-bezogene Verantwortlichkeiten zu übernehmen, einschließlich:
- Festlegung der Aufsichtsfunktion des Vorstands und Einrichtung entsprechender interner Gremien
- Abstimmung der ESG-Aktivitäten in Bezug auf den Unternehmenszweck, die Vision und die Werte des Unternehmens
- Integration von Nachhaltigkeit in die allgemeine Geschäftsstrategie
- Priorisierung von ESG-Risiken auf der Grundlage der Wesentlichkeit für das Unternehmen
- Festlegung der Verantwortlichkeit für die Umsetzung der ESG-Strategie
- Aufsetzen von Berichterstattungsprozessen, Steuerungsmechanismen und damit verbundener Kontrollen
Geschäftsführung bestimmt den Ton in Bezug auf ESG-Ziele von oben |
Definition der Aufsichtspflicht, Verantwortung und Ausschuss-Struktur |
Korrekte Identifizierung, Überwachung und Beaufsichtigung von nicht-finanziellen Risiken |
Für effektives Informationsmanagement achten Sie auf die Kontrolle der Datenqualität bei der Entscheidungsfindung und Berichterstattung |
Festlegung von Management Kriterien für die Rechenschaftspflicht und Integration von ESG-Zielen in die allgemeine Unternehmensstrategie | Sicherstellen, dass Kommunikation und Berichterstattung die priorisierten ESG-Faktoren, sowie die damit verbundenen Ziele und Fortschritte widerspiegelt |
Erwartungen und Rollen unterschiedlicher Stakeholder
Da ESG-Themen längst auch gesellschaftlich große Bedeutung haben, werden die Interessen verschiedener Anspruchsgruppen immer deutlicher – Sie haben klare Erwartungen und nehmen auch selbst relevante Rollen ein:
Investoren: Überwachung der Integration von ESG in die Geschäftstätigkeit, um eine nachhaltige Wertschöpfung und Strategien zur Risikominderung zu unterstützen.
Rating-Agenturen: Stellen sicher, dass die Geschäftsleitung aktuelle Informationen über ESG-Richtlinien, -Initiativen und -Leistungen bereitstellt.
Aufsichtsbehörden: Veröffentlichung regulatorischer Anforderung in Bezug auf die wesentlichen ESG-Risiken, die Auswirkungen auf das Geschäft, die Art und Weise, wie die Geschäftsleitung diese Risiken abmildert, und die Rolle des Vorstands betreffend.
Management-Teams und Mitarbeitende: Initiierung und Umsetzung der ESG-Strategie, der Ziele und Vorgaben zur Risikominderung und Wertschöpfung, einschließlich der Überwachung der Kontrollen, Richtlinien, Prozesse, Messgrößen, Anreize und Überwachungsprozesse zur Umsetzung der Strategie.
Schaffung einer klaren Kommunikation und eines klaren Tons von der Unternehmensspitze aus; Verantwortlichkeit des Managementteams für die Umsetzung der Mission, der Visionen und der Werte des Unternehmens bei gleichzeitiger Förderung von Innovationen und Gewährleistung des Involvements aller Mitarbeiter.
Kunden und Zulieferer: Sicherstellen, dass die Organisation verantwortungsbewusst und zuverlässig qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen herstellt und liefert. Unterstützung der eigenen regulatorischen Berichtsanforderungen.
Die Integration von ESG in die Unternehmensstrategie beginnt mit der Etablierung von Nachhaltigkeit als wesentlicher Erfolgstreiber. Dazu bedarf es eines bewussten Führungsansatz, der die Unternehmensleitung ermutigt, ihren Managementansatz, ihre Unternehmenskultur und ihre Geschäftspraktiken zu reflektieren und aus ESG-Perspektive zu betrachten.
Einige wichtige strukturelle Überlegungen:
- Wie kann sichergestellt werden, dass alle ESG-Risiken identifiziert und in der Unternehmensstrategie berücksichtigt werden?
- Wie kann dokumentiert werden, dass die ESG-Rollen und -Verantwortlichkeiten formal festgelegt sind und von den Vorstandsmitgliedern angemessen wahrgenommen werden?
- Verfügt der Vorstand über die geeignete Zusammensetzung, um Nachhaltigkeitsfragen zu beaufsichtigen?
- Wie wird eine effektive Kommunikation zwischen dem Vorstand, den Kontrollgremien und dem Management ermöglicht?
- Wie kann die Rechenschaftspflicht für die Aufsichtsgremien und die Ausführung durch das Management erreicht werden?
- Wie kann eine kontinuierliche Weiterbildung auf Vorstandsebene (und im gesamten Unternehmen) sichergestellt werden?
Dokumentieren des vereinbarten Governance-Ansatzes: Sobald die Aufsichtsstruktur festgelegt ist, gilt es die Satzungen des Vorstands und der Kontrollgremien zu aktualisieren, um die sich entwickelnden Zuständigkeiten widerzuspiegeln. Außerdem ist zu überprüfen, ob Klarheit der Rollen zwischen den Kontrollgremien und dem Management sichergestellt ist. Darüber hinaus müssen die Mitglieder dieser Kontrollgremien ausgewählt werden - entweder aus den bestehenden Mitgliedern des Aufsichtsrates oder durch ein sorgfältiges Auswahlverfahren, das die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrungen, Perspektiven und Kapazitäten berücksichtigt.
Offenlegung des Governance-Ansatzes: Zudem liegt es in der Verantwortung des Vorstandes die Kommunikationskanäle für die Offenlegung von Nachhaltigkeitsberichten zu planen.
Engagierter ESG-Ausschuss |
Bestehender Ausschuss |
Mehrere bestehende Ausschüsse |
Vorstand |
Kann einen übergreifenden Nachhaltigkeitsausschuss oder spezialisiertere Ausschüsse (z.B. Umweltausschuss) umfassen |
Übertragung der Aufsicht an einen Ausschuss, i.d.R. den Nominierungs- und Governance-Ausschuss |
Beaufsichtigung von ESG-Themen, die auf mehrere Ausschüsse verteilt sind, darunter:
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Kein spezieller Ausschuss; alle ESG-Aufsichtsentscheidungen werden vom gesamten Vorstand getroffen |
Pro:
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Pro:
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Pro:
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Pro:
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Contra:
* Alternative: Bildung eines ESG-Ausschusses unter Leitung des Managements mit einem Vorstandsmitglied als Berater/Verbindungsperson des Ausschusses |
Contra:
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Contra:
Wesentliche ESG-Faktoren können verloren gehen |
Contra:
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Verbindung von Unternehmenszweck und ESG-Metriken & Strategie
Unternehmenszweck und ESG sind synergetisch
Unternehmenszweck und ESG müssen im Einklang miteinander stehen. Ein Unternehmenszweck harmonisiert die Bemühungen zur Wertschöpfung mit den Auswirkungen der Organisation auf ihre Stakeholder. Die Anwendung eines maßgeschneiderten ESG-Rahmens zum Management organisationsspezifischer Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen hilft dabei, den Unternehmenszweck in messbare Ziele umzusetzen, die einen Mehrwert für das Unternehmen und seine Stakeholder schaffen.
Vorstandsmitglieder müssen sicherstellen, dass die Organisation einen starken und erkennbaren Unternehmenszweck hat, der die verschiedenen Perspektiven der Stakeholder einbezieht und mit der allgemeinen Geschäftsstrategie übereinstimmt. Ein solides Projektmanagement, das von Prozessen und Kontrollen, Kennzahlen und KPIs unterstützt wird, um Fortschritte bei der Erreichung der ESG-Ziele zu erzielen sollte die entsprechende Basis sein.
In vielen Fällen ist es der Chief Financial Officer oder Chief Sustainability Officer, der ein multidisziplinäres Team bei der Entwicklung von Strategien zur Erreichung von ESG-Zielen leitet. Man sollte grundsätzlich ein Gefühl für die Diskrepanz zwischen Unternehmenszweck, ESG-Zielen und Geschäftsstrategie haben und dieses bei Auftreten zeitnah abstellen.
Überzeugende Vision und Ziele |
Aktive, sichtbare Führung von oben |
Richtlinien und Verfahren legen die Erwartungen fest |
Schulungen: allgemein und spezifisch - für Vorstand, Führungskräfte und Mitarbeiter |
Transparenz & Kommunikation |
Rechenschaftspflicht in allen Ebenen der Organisation |
An ESG-Maßnahmen ausgerichtete Anreize, Vergütungen und Vorteile |
Wichtige Leistungskennzahlen, Datenanalysen und Dashboards |
Programmmanagement |
Monitoring, Audit und Reporting |
Priorisierung von ESG-Risiken
Die Bandbreite der ESG-Risiken ist quasi endlos zumal, wenn man auch langfristige Impacts zu berücksichtigen beabsichtigt. Eine formale Bewertung ist daher der Schlüssel zur Identifizierung der ESG-Risiken und -Chancen, die für ein Unternehmen am wichtigsten sind. Auch wenn die Methoden variieren, sollte diese Folgendes umfassen:
- Einholung von Beiträgen der Stakeholder
- Benchmarking mit anderen Unternehmen
- Festlegung und Dokumentation eines strukturierten Bewertungsrahmens für die Einstufung von Themen auf der Grundlage der Wesentlichkeit
Die Risikobewertung ist ein fortlaufender Prozess. Der Vorstand sollte eng mit dem Management zusammenarbeiten, um ESG in die bestehenden Prozesse des Unternehmensrisikomanagements einzubinden. Themen mit hoher Priorität erfordern klar definierte Prozesse, wie und wann Risikoinformationen an den Vorstand weitergeleitet werden und mit welchen Maßnahmen die identifizierten Risiken zu adressieren sind.
Anreize und Mechanismen zur Einhaltung von ESG-Standards
Während das Management die tägliche Umsetzung der Nachhaltigkeitsagenda vorantreibt, ist es die Aufgabe der Kontrollgremien, das Management in die Pflicht zu nehmen, um sicherzustellen, dass ESG in angemessener Weise in die Gesamtgeschäftsstrategie integriert wird. Hierbei stehen mehrere Mechanismen zur Verfügung:
Kopplung der Managementvergütung an die ESG-Leistung
- Die Verknüpfung spezifischer ESG-KPIs an die Vergütung von Führungskräften ist in größeren Unternehmen bereits eine bewährte Praxis.
- Ein Benchmarking mit anderen Unternehmen kann dabei helfen, die geeigneten Nachhaltigkeitskennzahlen zu definieren, die in die Vergütung von Führungskräften einfließen sollen.
- Gestaltung von Anreizen auf der Grundlage der individuellen Ziele jeder Organisation und des Zeithorizonts für die Erreichung dieser Ziele
Einbeziehung von Stakeholder-Perspektiven
- Die Festlegung klarer ESG-Richtlinien kann dazu beitragen, Mitarbeitende, Kunden, Kreditgeber, Lieferanten und andere zu gewinnen und zu halten.
Festlegung des Kommunikationsrhythmus
- Festlegung klarer Berichtslinien mit dem Management, die die Häufigkeit und das Format der internen und externen Kommunikation festlegen
- Planung regelmäßiger Dialoge und interner Berichterstattungsprozesse zur Überwachung der ESG-Fortschritte
- Festlegung klarer Parameter für die Weitergabe von Informationen an die relevanten Stakeholder-Gruppen
Gegensteuern
- Aktive Haltung gegenüber Untätigkeit und Versäumnissen: Die Überwachung der Verabschiedung der ESG-Agenda liegt in der Verantwortung des Vorstands; der Vorstand muss Bemühungen vorantreiben, um mangelnde Fortschritte bei der Erfüllung der ESG-Ziele zu korrigieren
Berichterstattung, Datenerhebung und -sicherung
Definition der ESG-Berichterstattung
Der Vorstand bzw. die Kontrollgremien müssen sich mit dem vom Management vorgeschlagenen Ansatz für die öffentliche ESG-Berichterstattung auseinandersetzen, wobei zukünftig für viele Unternehmen dann auch die erweiterten Berichtspflichten nach CSRD zu berücksichtigen sein werden.
Die Ausrichtung an einem oder mehreren standardisierten Berichtsstandards kann dazu beitragen, die von den Stakeholdern geforderte Transparenz und Vergleichbarkeit der Informationen zu erleichtern. Genau wie bei der Identifizierung wesentlicher ESG-Risiken sollte der Vorstand auch hier eng mit dem Management zusammenarbeiten, um die geeigneten Rahmenwerke und Messgrößen zu identifizieren.
Datenerhebung & Integrität
Im Rahmen der Überwachung der Berichterstattung stellen die Kontrollgremien sicher, dass das Management über angemessene Richtlinien und interne Kontrollen für eine genaue und zeitnahe ESG-Berichterstattung verfügt. Verbesserte Offenlegungen schaffen Vertrauen bei den Stakeholdern und ermöglichen eine sinnvolle Steuerung und Zielsetzung, wenn aber die zugrunde liegenden Daten unzuverlässig sind, können die Transparenzbemühungen nach hinten losgehen.
Vorstände sollten die Methodik, den Prozess und die damit verbundenen Kontrollen für die Erhebung von ESG-Daten und die Berichterstattung verstehen sowie die Bereitschaft der Organisation und den Bedarf an einer Bestätigung der ESG-Berichterstattung durch Dritte beurteilen. Die Revision (ob intern oder extern) kann eine wertvolle Ressource sein, die im Rahmen der allgemeinen Überlegungen zur Erfassung und Integrität von ESG-Daten genutzt werden kann.
Integration der ESG-Expertise
Vorstände und Management-Teams sind auf kontinuierliche Weiterbildung angewiesen, um Branchentrends zu verstehen, aufkommende Risiken zu erkennen und neue Instrumente und Prozesse zu integrieren. Bei ESG ist das nicht anders. Je bedeutender ein ESG Impact ist, desto informierter muss der Vorstand sein, um es adäquat zu adressieren.
Vorstände gehen diese Herausforderung auf unterschiedliche Weise an. Einige bauen ESG-Kompetenz durch formale Schulungsstrukturen auf, oder beauftragen Consultants, die bei der Umsetzung von ESG-Strategien helfen. Andere stellen Vorstandsmitglieder mit entsprechenden Kenntnissen ein und integrieren ESG-Expertise somit direkt in der Führungsebene.
How To: ESG-Überwachung durch den Vorstand
Priorisierung von ESG-Risiken und -Chancen
- Durchführung von Analysen, um Chancen und Risiken rund um ESG zu identifizieren.
- Benchmarking mit anderen Unternehmen und Stakeholdern bei der Priorisierung von ESG-Themen
- Regelmäßige Aktualisierung der ESG-Risiko- und Chancenbewertungen als Teil des Risikomanagements des Unternehmens
Klare Definition der Aufsichtspflichten
- Festlegung der Governance-Struktur, einschließlich der Rollen des gesamten Vorstands und der Ausschüsse
- Formalisierung der Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Vorstand, Ausschüssen und Management
Strategie mit Wertschöpfung verknüpfen
- Harmonisierung von Unternehmenszweck und ESG-Zielen mit unterstützenden Metriken
- Einbettung von kurz- und langfristigen ESG-Zielen in die Unternehmensstrategie
- Verantwortungsbewusstsein des Managements durch Anreize, KPIs und Nachverfolgungsmöglichkeiten für ESG-Fortschritte erhöhen
Gestaltung einer zuverlässigen Berichterstattung
- Auswahl geeigneter Rahmenwerke und Methoden auf der Grundlage der Branche, verfügbarer Daten und Ressourcen
- Frühzeitige Auseinandersetzung mit regulatorisch geforderter Pflichtberichterstattung
- Einrichtung von Berichterstattungssystemen, Datenbeschaffung, Kontrollen und Testverfahren
- Beurteilung des Bedarfs an einer externen Überprüfung der Integrität und Einhaltung von ESG-Daten
- Identifizierung geeigneter Kommunikationskanäle - z. B. eigenständige und/oder integrierte Nachhaltigkeitsberichte, Unternehmenswebsites usw.
Schaffung eines iterativen Prozesses für Verbesserungen
- Einführung eines Programm-Management-Ansatzes zur Neubewertung und Verbesserung des ESG-Rahmens des Managements
- Regelmäßige Abstimmung und Diskussion von ESG und Nachhaltigkeitsthemen in Vorstand und Management
- Sicherstellung kontinuierlich stattfindender, themenbezogener Schulungen für alle Ebenen der Organisation
Vorausschauende Vorstände werden diese Aufgabe nicht als zusätzliche Belastung betrachten, sondern ESG als eine Chance begreifen, die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens zu verbessern und gleichzeitig zum größeren Nutzen aller Stakeholder beizutragen.
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