1. Rechtsfähigkeit der GbR
Als wesentliche Neuerung durch das MoPeG wird die Rechtsfähigkeit der GbR nunmehr gesetzlich in § 705 Abs. 2 1. Alt. BGB normiert und definiert. Danach kann die Gesellschaft selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (rechtsfähige Gesellschaft). Es muss also ein eindeutiger gemeinsamer Wille vorliegen. Diese Definition gilt auch in anderen Rechtsbereichen.
Rechtsfolgen der Rechtsfähigkeit der GbR
Bildung eigenen Vermögens (§ 713 BGB)
Die Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten werden Vermögen der Gesellschaft. Es gibt kein Gesamthandsvermögen mehr. Die bisherigen Regelungen in §§ 718 bis 720 BGB wurden gestrichen. Entsprechendes gilt für OHG, KG und PartG.
Übertragung von Gesellschaftsanteilen (§ 711 BGB)
Anteile an einer GbR können mit Zustimmung der anderen Gesellschafter übertragen werden. Mit Ausnahme einzelner vermögensrechtlicher Ansprüche sind Gesellschafterrechte nicht übertragbar (§ 711a BGB).
Eintragung in das Gesellschaftsregister (§ 707 ff. BGB); Sitz (§ 706 BGB)
Äußerlich erkennbar kann die Rechtsfähigkeit durch eine Eintragung in einem neu geschaffenen Gesellschaftsregister werden. Die Eintragung ist nicht zwingend und auch nicht konstitutiv, sodass es auch rechtsfähige GbR ohne Eintragung geben wird. Wie Eintragungen im Handelsregister genießen eingetragene GbR aber einen Gutglaubensschutz, z.B. im Hinblick auf Gesellschafterbestand und Vertretung der Gesellschaft durch ihre Gesellschafter (§ 707a Abs. 3 BGB). Der entsprechende Namenszusatz lautet eGbR.
Soweit die GbR als solche über Rechte verfügen will, die in öffentlichen Registern eingetragen sind (z. B. Grundstücke, Patente oder Gesellschaftsanteile) oder solche Rechte erwerben will, ist eine (Vor)Eintragung im Gesellschaftsregister allerdings zwingend. So kann z.B. nur die im Gesellschaftsregister eingetragene GbR als solche in das Grundbuch als Eigentümerin eines Grundstücks eingetragen werden (vgl. § 47 Abs. 2 GBO). Eine Änderung im Gesellschafterbestand wird somit mit Wirkung für alle Grundstücke im Gesellschaftsregister eingetragen.
Hinweis:
GbR, die bereits vor dem 1. Januar 2024 im Einklang mit geltendem Recht im Grundbuch eingetragen worden sind, müssen nicht zum Gesellschaftsregister angemeldet werden. Eine Eintragung im Gesellschaftsregister wird allerdings erforderlich sein, wenn zukünftig Eintragungen im Grundbuch geändert werden müssen, weil z.B. Grundbesitz veräußert bzw. weiterer Grundbesitz erworben werden soll.
Im Gesellschaftsregister eingetragene GbR unterliegen auch den geldwäscherechtlichen Mitteilungspflichten (Meldungen zum wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister).
Die Eintragung ermöglicht zudem die Teilnahme an Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz.
Eingetragene GbR können einen vom inländischen Vertragssitz (wie von den Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag festgelegt) abweichenden inländischen oder – vorbehaltlich der Anerkennung im Zuzugsstaat – ausländischen Verwaltungssitz haben. Diese Neuregelung gilt aufgrund der Verweisung auch für andere Personengesellschaften. Sie hat gerade für die GmbH & Co. KG besondere Bedeutung, da der Verwaltungssitz der Komplementärgesellschaft bisher als Sitz der KG angesehen wurde und nicht im Ausland gelegen sein durfte.
Erbfall
Die rechtsfähige GbR als Außengesellschaft dürfte erbfähig sein. Vermögen von Todes wegen dürfte in eine GbR-Struktur vererbt werden können.
2. Geschäftsführungsbefugnis (§ 715 BGB), Vertretung der Gesellschaft (§ 720 BGB)
Hinsichtlich Geschäftsführung und Vertretung der GbR wurden keine Änderungen vorgenommen.
Neu geschaffen wurde allerdings eine Regelung zur Notgeschäftsführung, um sicherzustellen, dass die Gesellschaft auch handlungsfähig ist, wenn nicht sämtliche Gesellschafter gemeinsam handeln können (§715a BGB).
3. Beiträge, Stimmkraft, Anteil an Gewinn und Verlust (§ 709 BGB
Die Beteiligungsverhältnisse orientieren sich an den Beiträgen, wobei der Beitrag eines Gesellschafters auch in der Leistung von Diensten bestehen kann.
Die Stimmkraft und der Anteil am Gewinn und Verlust richten sich vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Wurden keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart, bildet das Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge die Verteilungsgrundlage. Wurden auch keine Werte der Beiträge vereinbart, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust.
4. Haftung (§§ 721 bis 721b BGB)
Die Haftung der Gesellschafter ist in § 721 bis § 721b BGB neu geregelt.
Nach § 721 S. 1 BGB haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern unmittelbar als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nach § 721 S. 2 BGB Dritten gegenüber unwirksam.
Neben den in seiner Person begründeten Einwendungen und Einreden kann der Gesellschafter auch solche Einwendungen und Einreden geltend machen, die von der Gesellschaft erhoben werden können (§ 721b Abs. 1 BGB) bzw. die Leistung verweigern, solange die Gesellschaft zur Anfechtung oder Aufrechnung berechtigt ist (§ 721b Abs. 2 BGB).
Der eintretende Gesellschafter haftet gleich den anderen Gesellschaftern für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam (§ 721a BGB). Ausgeschiedene Gesellschafter haften der Gesellschaft für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis ihres Anteils am Gewinn und Verlust, sofern der Wert des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreicht (§ 728b BGB).
5. Ausscheiden (§ 723 BGB), Auflösung (§ 729 BGB)
§ 723 Abs. 1 BGB benennt in der Person des einzelnen Gesellschafters liegende Gründe, die nur noch zum Ausscheiden dieses Gesellschafters, nicht aber zur Auflösung der Gesellschaft führen. Dazu gehören z.B. Tod, Kündigung, Insolvenz, Ausschließung. Einer sog. Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag bedarf es daher nicht mehr. Umgekehrt muss der Gesellschaftsvertrag nunmehr regeln, wenn die Gesellschaft in diesen Fällen aufgelöst werden soll.
§ 712 BGB bestimmt, dass der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters an der Gesellschaft den verbleibenden Gesellschaftern im Zweifel im Verhältnis ihrer Anteile zuwächst. Eine abweichende Vereinbarung der Gesellschafter ist jedoch zulässig.
§ 712a BGB regelt nunmehr ausdrücklich, dass bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter übergeht. Es bedarf daher insoweit ebenfalls keiner Regelungen im Gesellschaftsvertrag mehr. Die Gesellschaft erlischt in diesem Fall ohne Liquidation.
Die Auflösung der Gesellschaft ist in § 729 BGB geregelt und enthält nur Gründe, die in der Gesellschaft selbst liegen.
Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter (714 BGB). Der Gesellschaftsvertrag kann auch eine Mehrheitsentscheidung vorsehen. Für Auflösungs- und Fortsetzungsbeschlüsse ist in diesem Fall eine Mehrheit von mindestens drei Viertel der Stimmen erforderlich (§§ 732, 734 BGB).
6. Beschlussmängel
Für die GbR ist kein Beschlussmängelrecht normiert. Dies muss ausdrücklich vereinbart werden.
7. Nicht rechtsfähige GbR
Da die Rechtsfähigkeit der GbR nicht zwingend ist, gibt es daneben noch die „nicht rechtsfähige Gesellschaft“, die den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dient (§ 705 Abs. 2 BGB). Sie tritt nicht nach außen auf und hat kein Vermögen (§ 740 BGB). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass auch kein gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter in Betracht kommt. Es bleibt die Möglichkeit, den Gesellschaftszweck mit Bruchteilsrechten zu verfolgen. Alternativ kann ein Gesellschafter die Vermögensgegenstände zugleich treuhänderisch für die anderen Gesellschafter halten und verwalten. Die §§ 740 ff. BGB enthalten Sonderregelungen zur Beendigung der Gesellschaft, zur Auseinandersetzung und zum Ausscheiden eines Gesellschafters. Sie entsprechen weitgehend der bisherigen Rechtslage. Ob die von der Rechtsprechung anerkannte Teilrechtsfähigkeit künftig für eine nicht rechtsfähige GbR gelten wird, erscheint allerdings sehr fraglich.