Abzug ausländischer Steuern im gewerbesteuerlichen Organkreis

Abzug ausländischer Steuern im gewerbesteuerlichen Organkreis

Die ertragsteuerliche Organschaft (§§ 14 bis 19 KStG) führt u.a. dazu, dass dem Organträger  die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft  für die Dauer der Organschaft zugerechnet wird und der Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe allein gegenüber dem Organträger festzusetzen ist. Unbeachtlich ist insoweit, dass die eingegliederte Kapitalgesellschaft, also die Organgesellschaft, ein selbständiger Gewerbebetrieb bleibt und ihr Gewerbeertrag getrennt zu ermitteln ist. Vor diesem Hintergrund hatte der BFH in seinem Urteil vom 16.10.2024 (Az. I R 16/20) die Frage zu klären, ob die auf ausländische (Streubesitz‑)Dividenden einbehaltenen Quellensteuern bei der Ermittlung des Gewerbeertrags im Organkreis abgezogen werden können, wenn die Dividenden beim Organträger körperschaftsteuerfrei sind und diesbezüglich auch kein gewerbesteuerlicher Kürzungstatbestand greift.

Im Streitfall bestand seit dem Jahr 2006 eine ertragsteuerliche Organschaft zwischen der X‑AG als Organträgerin und der Y‑AG als Organgesellschaft. Die Y‑AG war im Streitjahr 2007 an diversen in- und ausländischen Kapitalgesellschaften mit jeweils weniger als 10 % beteiligt und bezog hieraus entsprechende Dividenden (sog. Streubesitzdividenden), die im jeweiligen Ansässigkeitsstaat dem Quellensteuerabzug unterlagen. Das Finanzamt erfasste die ausländischen Streubesitzdividenden einschließlich der darauf entfallenden ausländischen Quellensteuern bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens auf Ebene der Y‑AG und stellte die Dividenden auf Ebene der X‑AG gem. § 8b KStG zu 95 % von der Körperschaftsteuer frei. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der X‑AG berücksichtigte das Finanzamt die ausländischen Streubesitzdividenden sowie die darauf entfallenden Quellensteuern in vollem Umfang, da die Kürzungsvorschriften im Hinblick auf das sog. gewerbesteuerliche Schachtelprivileg weder für Inlands- noch für Auslandsbeteiligungen (§ 9 Nr. 2a, 7, 8 GewStG) anwendbar waren. Sowohl das FG Niedersachsen mit Urteil vom 18.03.2020 (Az. 6 K 20/18) als auch der BFH folgten der Rechtsauffassung des Finanzamts.

Unter Berücksichtigung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG) können ausländische Quellensteuern auf nach § 8b KStG bei der Einkommensermittlung des Organträgers zu 95 % steuerfrei gestellte (Streubesitz-)Dividenden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft nicht abgezogen werden. Sie gehen somit in vollem Umfang in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage des gewerbesteuerlichen Organkreises ein. Gewerbesteuerliche Hinzurechnungs- oder Kürzungstatbestände nach §§ 8 und 9 GewStG waren vorliegend unstrittigerweise nicht gegeben.

Dem von der X-AG begehrten Abzug der ausländischen Quellensteuern nach § 34c Abs. 2 EStG (ausschließlich) bei der Ermittlung des Gewerbeertrags steht bereits die Bezugnahme von § 7 Satz 1 GewStG auf den „Gewinn aus Gewerbebetrieb“ entgegen, wodurch für die Ermittlung des Gewerbeertrags an die Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Gewinns angeknüpft wird. Um den Gleichlauf beider Rechtskreise sicherzustellen, bleibt deshalb kein Raum für einen spezifisch gewerbesteuerlichen Abzug ausländischer Quellensteuern nach § 34c Abs. 2 EStG. Für den Streitfall bedeutet dies, dass die ausländischen Quellensteuern, die bei der Einkommensermittlung der Y-AG hinzugerechnet worden sind, auch in den Gewerbeertrag des gewerbesteuerlichen Organkreises zu übernehmen sind.

In § 34c Abs. 2 EStG ist zudem ausdrücklich geregelt, dass der antragsbezogene Abzug einer ausländischen Steuer nur stattfindet, wenn die ausländische Steuer auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei (auch nicht nach § 8b KStG) sind. Hierin und in den weiteren im Streitfall einschlägigen gesetzlichen Regelungen liegt nach BFH-Auffassung kein Verstoß gegen Unionsrecht vor.
 

Hinweis:

Das aktuelle BFH-Urteil ist noch zu einer alten Rechtslage ergangen. Denn Streubesitzdividenden, die nach dem 28.02.2013 zufließen, sind aufgrund der gesetzlichen Neuregelung in § 8b Abs. 4 KStG steuerpflichtig. Auf die insoweit also nicht mehr freigestellten Dividenden dürfte eine Anrechnung (§ 32c Abs. 1 und 6 EStG) oder ein antragsgebundener Abzug (§ 32d Abs. 2 EStG) der ausländischen Quellensteuern möglich sein, auch wenn der BFH hierauf in seinem aktuellen Urteil nicht weiter eingeht. Unabhängig davon hat das FG Hessen mit Urteil vom 26.08.2020 (Az. 8 K 1860/16, rechtskräftig; s. BDO Insight) eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf die deutsche Gewerbesteuer bejaht. Eine abschließende (höchstrichterliche) Klärung beider Varianten zur aktuellen Rechtslage wäre wünschenswert. Allerdings sind derzeit – soweit ersichtlich – keine entsprechenden Verfahren beim BFH anhängig.