Forderungsverzicht eines GmbH-Gesellschafters

Forderungsverzicht eines GmbH-Gesellschafters


Darlehen der Gesellschafter an „ihre“ GmbH sind in der Praxis ein weit verbreitetes Finanzierungsinstrument. In einer Krisensituation oder bei Insolvenz der Gesellschaft kommt es dann häufig zu entsprechenden Forderungsverzichten auf Ebene der Gesellschafter. Die damit zusammenhängenden steuerlichen Fragen sind immer wieder durch die Rechtsprechung zu klären. So hatte der BFH in seinem Urteil vom 19.11.2024, Az. VIII R 8/22, zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt der Forderungsverzicht eines GmbH-Gesellschafters gegen Besserungsschein zu berücksichtigen ist.

Nach der einschlägigen BFH-Rechtsprechung ist beim Forderungsverzicht des Gesellschafters gegenüber der GmbH zwischen dem noch werthaltigen und dem nicht mehr werthaltigen Teil zu differenzieren. Insoweit können jeweils unterschiedliche Besteuerungstatbestände verwirklicht werden. Der Verzicht auf den werthaltigen Teil der Forderung führt zu einer sog. verdeckten Einlage. Gegenzurechnen sind die Anschaffungskosten in Höhe des anteiligen Nennwerts, die in der Regel dem gemeinen Wert der Darlehensforderung entsprechen, sodass sich letztlich ein Einlagegewinn in Höhe von EUR 0 ergibt.

In Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils der Forderung führt der Forderungsverzicht zu einem Abtretungsverlust, der den (negativen) Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen ist. Dies beruht auf der Annahme, dass der Forderungsverzicht den Wegfall der Forderung bewirkt, der dem im Gesetz ausdrücklich erfassten Fall der Abtretung gleichsteht. Es macht nämlich wirtschaftlich keinen Unterschied, ob der Gesellschafter eine Forderung an die GmbH abtritt oder auf sie verzichtet. Dies gilt auch im Fall eines Forderungsverzichts unter Besserungsvorbehalt. Denn auf Ebene der Gesellschaft als Schuldnerin treten die Rechtsfolgen aus einem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein im Zeitpunkt des Verzichts ein. Dann wird das Darlehen von Fremd- in Eigenkapital umqualifiziert. Erst bei Eintritt des Besserungsfalls wird das wiederauflebende Gesellschafterdarlehen wieder zu Fremdkapital. Korrespondierend ist beim Gesellschafter als Gläubiger der Verlust aus dem auflösend bedingten Forderungsverzicht bereits im Zeitpunkt des Verzichts zu berücksichtigen und nicht erst dann, wenn feststeht, dass die auflösende Bedingung, also der Besserungsfall, nicht mehr eintreten wird.

Bis zum Eintritt des Besserungsfalls erlangt der Gesellschafter übrigens eine Anwartschaft auf das Wiederaufleben seiner Forderung. Dabei handelt es sich um ein von dieser zu unterscheidendes, eigenständiges, verkehrsfähiges Wirtschaftsgut. Die Anwartschaft ist insbesondere nicht mit der erloschenen Forderung teilidentisch, sondern stellt vielmehr eine Vorstufe zum Neuerwerb der Forderung dar. Der Wert der Anwartschaft ist mit null anzusetzen.

Hinweis:

Der normspezifische Anschaffungskostenbegriff des § 17 Abs. 2a EStG war im Streitfall (noch) nicht anzuwenden. Danach wird für Realisationszeitpunkte nach dem 31.07.2019 bestimmt, dass u.a. gesellschaftsrechtlich veranlasste Darlehensverluste nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung darstellen. Allerdings dürfte die im BMF-Schreiben vom 19.05.2022, Tz. 62, enthaltene Feststellung hinsichtlich des relevanten Zeitpunkts des Forderungsverzichts angesichts des aktuellen BFH-Urteils überholt sein.