Grundsteuer: Nach der Hauptfeststellung ist vor der Änderungsanzeige – Fristen zu beachten!

Grundsteuer: Nach der Hauptfeststellung ist vor der Änderungsanzeige – Fristen zu beachten!

Änderungsanzeigen für 2024 sind bis zum 31. März 2025 einzureichen!


Mit der Reform des Grundsteuerrechts wurden Anzeigepflichten des Steuerpflichtigen eingeführt. Die hierfür gesetzlich eingeräumten Fristen liefen in Hessen und Baden-Württemberg schon Ende Januar ab! In allen anderen Bundesländern sollten sich Steuerpflichtige spätestens jetzt mit dem Thema beschäftigen. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Eckpunkte nach Bewertungsmodell (Bundes- bzw. Landesmodell) und nach Anzeigeanlass gegliedert - die Zwischenüberschriften helfen Ihnen, die für Sie wichtigen Informationen schnell aufzufinden.

 

Anzeigepflichten – Bundesmodell (Grundvermögen): Änderung von tatsächlichen Verhältnissen

​​​Das Bundesmodell sieht eine Anzeigepflicht der Steuerpflichtigen bzw. Feststellungsbeteiligten vor, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse ändern, die sich entweder auf die Höhe des Grundsteuerwerts, die Vermögens- oder die Grundstücksart auswirken können. Gleiches gilt, wenn das Eigentum von Gebäuden auf fremden Grund und Boden übergegangen oder eine erstmalige Festsetzung durchzuführen ist. Alle diese Änderungen wirken sich im weiteren Sinne auf den Grundsteuerwert aus - erhöhend oder verringernd.

Eine Wertfortschreibung kommt insbesondere bei Änderungen an der Bebauung in Frage – z.B. Anbau, Teilabriss, Auf- oder Abstockung etc. in Betracht. Bei einer (teilweisen) Umnutzung eines zu Wohnzwecken genutzten Gebäudes zu gewerblichen Zwecken oder umgekehrt (ohne wesentliche bauliche Veränderungen) kann sich die Grundstückart ändern - eine Artfortschreibung wird dann nötig. Ein Neubau eines Gebäudes auf einem vorher unbebauten Grundstück ist ein Sonderfall der Artfortschreibung; es wird gleichzeitig eine Wertfortschreibung erforderlich sein. Der Abriss des letzten Gebäudes auf einem Grundstück oder der Übergang zu einer Ruine sind der umgekehrte Fall mit denselben Konsequenzen.
Bei einer schlichten Änderung der Eigentumsverhältnisse (sog. Zurechnungsfortschreibung) besteht keine Anzeigepflicht, da den Grundbuchämtern eine entsprechende Mitteilungspflicht obliegt.

Die Frist für die Abgabe der Anzeige beträgt (seit Änderung durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz vom 23. Oktober 2024) drei Monate und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben; mit anderen Worten: die Frist endet regelmäßig am 31. März des Folgejahres. Bei verspäteter Abgabe oder Nichtabgabe einer Anzeige drohen Verspätungszuschläge oder andere Zwangsmittel.

Anzeigepflichtig ist grundsätzlich der Steuerpflichtige bzw. Feststellungsbeteiligte, dem eine wirtschaftliche Einheit zivilrechtlich oder wirtschaftlich für grundsteuerliche Zwecke zuzurechnen ist. Erfolgt eine Zurechnung auf mehrere, sind alle zur Abgabe einer Anzeige verpflichtet. Jedoch befreit die Abgabe einer Anzeige durch einen die anderen Erklärungspflichtigen.

 

Anzeigepflichten – Bundesmodell (Land- und Forstwirtschaft)

Die oben dargestellten Anzeigepflichten gelten auch für land- und forstwirtschaftliches Vermögen. Die notwendigen tatsächlichen Änderungen können Umwidmungen (z.B. Betriebsgebäude werden zu Wohnzwecken verwendet) oder eine geänderte landwirtschaftliche Nutzung (z.B. Flächen mit Feldfrüchten werden für gärtnerische Zwecke verwendet, Gemüseanbauflächen werden unter Glas oder Kunststoff genommen, Wingerte werden stillgelegt etc.) sein.

 

Exkurs: Wertgrenzen im Bundesmodell bei der Wertfortschreibung

Wertfortschreibungen werden nur durchgeführt, wenn der neue Grundsteuerwert vom bisherigen um mindestens EUR 15.000 nach oben oder unten abweicht. Achtung: Die Anzeigepflicht kennt keine Wertgrenzen und ist stets und fristgerecht zu erfüllen.

 

Anzeigepflichten – Ländermodelle: Föderalismus pur

In Baden-Württemberg entsprechen die Erklärungs- und Anzeigepflichten inhaltlich und systematisch weitestgehend den Regelungen des Bundesmodells. Allerdings besteht keine Anzeigepflicht bei einer Änderung der Grundstücksart, da die Bebauung des Grundstücks für die grundsteuerliche Bewertung in diesem Ländermodell nicht von Bedeutung ist. 
Der Anzeigezeitraum beträgt allerdings nur einen Monat nach Ablauf des Kalenderjahres, so dass die Frist regelmäßig am 31. Januar des Folgejahres endet.

Auch in Bayern, Hamburg und Niedersachsen gelten Anzeigepflichten. Hier wird eine Anzeige bei der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nötig, wenn sie sich auf den Umfang der Flächen oder die Äquivalenzbeträge (Bayern) bzw. den Grundsteuerwert (Hamburg) bzw. die Äquivalenzbeträge (Niedersachsen) auswirken oder diese zu einer Nachfeststellung oder Aufhebung der entsprechenden Bescheide führen können. Die Ländergesetze enthalten allerdings keine Wertgrenzen, ab denen Anzeigen dann auch tatsächlich zu einer Fortschreibung führen. Hier sind jegliche Verkleinerungen oder Vergrößerungen von Gebäude- oder Grundstücksflächen anzuzeigen. Auch das Umwidmen von Flächen von Wohnflächen in andere Flächen und umgekehrt löst eine Anzeigepflicht aus.

In Bayern, Hamburg und Niedersachsen endet die Frist für die Anzeigen regelmäßig am 31. März des Jahres, das auf das Jahr folgt, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben.

 

Anzeigepflichten – Vergünstigungen und Befreiungen

Fallen Voraussetzungen für Steuerbefreiungen oder Grundsteuerermäßigungen weg, ist der Wegfall im Bundesmodell und in den Ländermodellen Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Niedersachsen dem zuständigen (Lage)Finanzamt anzuzeigen.

Die Fristen sind (seit Änderung durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz vom 23. Oktober 2024) weitgehend einheitlich: Beim Bundesmodell und in Bayern, Hamburg und Niedersachsen sind diese Anzeigepflichten erst bis zum 31. März des Folgejahres zu erfüllen - die Fristen gleichen hier denen der Anzeigepflichten auf Ebene der Bewertung. Nur in Baden-Württemberg sind die Anzeigen innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Änderungen – also auch unterjährig - abzugeben. 

 

Anzeigepflichten in Hessen – der föderale Sonderfall

In Hessen wird direkt der Grundsteuermessbetrag festgestellt; einen Grundsteuerwert oder Äquivalenzbetrag gibt es hier nicht. In Hessen ist jegliche Änderung, die sich auf den Grundsteuermessbetrag auswirkt, anzuzeigen. Hinzukommen oder Wegfallen von Gebäudeflächen oder deren Umwidmung von Wohnzwecken in andere Zwecke sind hier die gängigsten Anwendungsfälle. Die Frist ist in Hessen kürzer bemessen und beträgt einen Monat nach Beginn des Folgejahres, in dem die Änderungen eingetreten sind.

Die Anzeigepflichten bei Wegfall von Grundsteuerbefreiungen oder -ermäßigungen gelten auch in Hessen mit einer Frist von drei Monaten nach Eintreten der Änderungen.

 

Zusammenfassende Übersicht der Fristen

  Änderung der bewertungserheblichen
tatsächlichen Verhältnisse
Wegfall von Vergünstigungen
oder Befreiungen
Bundesmodell, Bayern, Hamburg,
Niedersachsen
31.3. des Folgejahres 31.3. des Folgejahres 
Baden-Württemberg, Hessen 31.1. des Folgejahres 3 Monate nach Eintritt der Änderungen

 

Hinweis:
Bei einem umfangreichen und bundesweit verteilten Bestand an Grundvermögen und damit häufiger zu erwartenden Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse empfiehlt sich eine laufende Überwachung und Dokumentation im Rahmen eines Tax Compliance Management Systems. Dies auch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Pflichten und Fristen in den verschiedenen Bundesländern.

 

Abgabe einer Anzeige in der Praxis

Die geforderte Form der Anzeige wird im Bewertungsgesetz nicht definiert. Ein einfacher Brief, mit dem das Finanzamt über die Änderungen dem Grunde nach informiert wird, reicht aus; es obliegt dem Finanzamt zu prüfen, ob der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert wird. Ab der Aufforderung stehen dem Finanzamt sämtliche Zwangsmittel der Abgabenordnung (AO) zur Verfügung. Um die Abgabe von Anzeigen den Zwangsmitteln der AO zu unterwerfen, hat der Gesetzgeber die Anzeige für Grundsteuerzwecke den Steuererklärungen gleichgestellt, § 228 Abs. 5 BewG. Anstelle des formlosen Briefs sieht das Gesetz vor, dass die Anzeige durch die Abgabe einer Feststellungserklärung auf den Anzeigestichtag vorgenommen werden kann.

 

Wesentliche Änderungsgründe und Anzeigepflichten – ein Überblick

  Bund Baden-Württemberg Hessen

Bayern, Hamburg,
Niedersachsen

Grund und Boden
Änderung Vermögensart (Grundvermögen1 LuF) P P P P
geänderter Entwicklungszustand P P O O
Teilen, Parzellieren, anderweitige Änderungen der Grundstücksgröße P P P P

Bilden/Aufheben von Wohnungs- oder
Teileigentum

P P P P
Gebäude
Änderungen bei der Nutzungsart oder Gebäudeart individuelle Prüfungen erforderlich
Abschluss Umbau mit Flächenänderung
(Neubau, Anbau, Aufstockung)
P O P P
Abschluss Kernsanierung - ohne Flächenänderung P O O O
Abschluss Modernisierung - ohne Flächenänderung O O O O
Abriss, Zerstörung oder Entscheidung für Verfall P O P P
neue oder geänderte Abbruchverpflichtung P O O O
geänderte Zivilschutznutzung P O P P
Land- und Forstwirtschaft
Umwidmung von Betriebsgebäude in Wohnungen bzw. umgekehrt P P * *
Änderung der Nutzung (Acker wird Gemüseanbau, Saatzucht wird Weihnachtsbaumkultur, etc.) P P * *
Errichten von Betriebsgebäuden der Nebenbetriebe bzw. Umwidmen von Betriebsgebäuden P P * *
Eigentümer
Wechsel des (wirtschaftlichen) Eigentümers
  • im Normalfall
  • bei Gebäude auf fremdem Grund und Boden

O

P

O

O
O

P
O

P
Befreiungen/Ermäßigungen
Wegfall Befreiung / Ermäßigung P P P P
neue oder geänderte Befreiung / Ermäßigung P P P P


* Das Bewertungsmodell der Land- und Forstwirtschaft ist in allen Bundesländern gleich; es entspricht dem Bundesmodell. Formal hat Baden-Württemberg ein Landesgesetz für die Bewertung der Land- und Forstwirtschaft erlassen, das textgleich mit dem Bundesmodell ist.