Keine erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im Laufe des Erhebungszeitraums

Keine erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im Laufe des Erhebungszeitraums


Im Rahmen der sog. erweiterten Kürzung wird der Gewinn um den Teil des Gewerbeertrags gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Hierfür darf das Unternehmen - abgesehen von nach der Rechtsprechung als unschädlich angesehenen Nebentätigkeiten und zugelassenen Ausnahmen - ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen. In seinem Urteil vom 17.10.2024 (Az. III R 1/23) nahm der Bundesfinanzhof (BFH) zum Ausschließlichkeitserfordernis der Grundbesitzverwaltung für den Fall Stellung, dass eine Kapitalgesellschaft ihren gesamten Grundbesitz einen Tag vor Ablauf des gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraums veräußert.

Streitgegenständlich war die Gewährung der erweiterten Kürzung gegenüber einer GmbH, die gemäß der Eintragung im Handelsregister den Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Grundbesitz einschließlich der Durchführung von Baumaßnahmen auf fremdem Grundbesitz zum Unternehmensgegenstand hatte. Die GmbH veräußerte unterjährig ihr einziges im Vorjahr erworbenes Geschäftsgrundstück. Die im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen bestimmten den Übergang des Besitzes, der Nutzungen und der Gefahr sowie aller Lasten, Pflichten und jeder mit dem Vertragsobjekt verbundenen Haftung auf den Beginn des 31.12. des Streitjahres. Das Finanzamt versagte der GmbH die anschließend beantragte erweiterte Kürzung. Da sie bereits in der Vergangenheit ein Grundstück im auf den Erwerb folgenden Jahr verkauft hatte, unterstellte das Finanzamt einen (gewerblichen) Grundstückshandel an Stelle der Grundstücksverwaltung, was die erweiterte Kürzung ausschließt.

Das Finanzgericht gab der Klage der GmbH statt und gewährte die erweiterte Kürzung, da jene am 31.12. des Streitjahres lediglich über zwei unverzinsliche Forderungen verfügte und sämtliche Einkünfte im Erhebungszeitraum auf dem veräußerten Grundstück beruhten. Demzufolge entfiel ihr gesamter Gewerbeertrag im Streitjahr auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes. 

Im Zuge der vom Finanzamt eingelegten Revision stellte der BFH unter Rückgriff auf seine bisherige Rechtsprechung klar, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung vorliegend nicht erfüllt waren. Da es sich bei der Gewerbesteuer um eine Jahressteuer handelt, kann die erweiterte Kürzung nicht zeitanteilig gewährt werden. Die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin bestand kraft Rechtsform auch am letzten Tag des Jahres. Die GmbH verwaltete an diesem Tag jedoch ausschließlich ihr Kapitalvermögen und ging somit nicht während des gesamten Erhebungszeitraums der begünstigten Tätigkeit nach. Mithin war das Ausschließlichkeitserfordernis einer grundbesitzverwaltenden Tätigkeit nicht erfüllt. Lediglich bei einer Veräußerung zum 31.12., 23:59 Uhr wird eine „technisch bedingte“ Ausnahme zugelassen. Das Gebot der Ausschließlichkeit wäre dann nur um eine Sekunde unterschritten, was – ähnlich einer juristischen Sekunde - rein technisch wirkt. Außerdem bestätigte der BFH seine Auffassung, dass etwaige Ausnahmen vom Ausschließlichkeitserfordernis wegen Geringfügigkeit nicht geboten sind.

 

Hinweis:
Die vom BFH aufgestellten Grundsätze sind in Zusammenarbeit mit einem Notariat bei der Gestaltung von Grundbesitz-Kaufverträgen zu berücksichtigen, da einerseits durch die gewährte technisch bedingte Ausnahme ein gewisser Gestaltungsspielraum besteht, andererseits ein Nichtbeachten mit erheblichen steuerlichen Auswirkungen einhergehen kann.