Option zum Teileinkünfteverfahren bei Verkauf der Gesellschaftsanteile

Option zum Teileinkünfteverfahren bei Verkauf der Gesellschaftsanteile


Die Kapitaleinkünfte aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von mindestens 25 % unterliegen nicht der abgeltenden Besteuerung mit dem gesonderten Tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn der bzw. die Steuerpflichtige spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum einen Antrag auf tarifliche Besteuerung gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG stellt. Solange der Antrag nicht widerrufen wird, gilt das Teileinkünfteverfahren für diese Kapitaleinkünfte auch in den darauffolgenden vier Veranlagungszeiträumen, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind. Der BFH hatte in seinem Urteil vom 17.07.2024 (Az. VIII R 37/23) zu klären, ob im Zusammenhang mit der Anschaffung einer früheren Beteiligung an einer GmbH entstandene Schuldzinsen als nachlaufende Werbungskosten berücksichtigt werden können, obwohl der bzw. die Steuerpflichtige nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt ist.

Der Steuerpflichtige war im Streitfall zu einem Drittel am Stammkapital der GmbH beteiligt, veräußerte diese Beteiligung jedoch im Laufe des Jahres 2010. In diesem Jahr beantragte er die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für die Bezüge aus der Beteiligung und den Abzug der angefallenen nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt veranlagte antragsgemäß. In den folgenden Veranlagungszeiträumen versagte es nach einer Betriebsprüfung jedoch den weiteren Werbungskostenabzug. Denn aus Sicht des Finanzamts ist seitens des Gesetzgebers lediglich eine Nachweiserleichterung für die Antragsvoraussetzungen in den dem Antrag folgenden vier Veranlagungszeiträumen vorgesehen, die gesetzliche Regelung fingiert diese aber nicht.

Sowohl das erstinstanzliche FG als auch der BFH im anschließenden Revisionsverfahren sahen die Voraussetzungen für die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens trotz der Anteilsveräußerung als erfüllt an. Der unterjährige Verkauf der Beteiligung steht der wirksamen Antragstellung auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nicht entgegen, wenn der Antragsteller bzw. die Antragstellerin bis zur Veräußerung zu irgendeinem Zeitpunkt im betroffenen Jahr in ausreichendem Umfang an der Kapitalgesellschaft beteiligt war. Es genügt die abstrakte Möglichkeit, Kapitalerträge aus der Beteiligung erzielen zu können.

Das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ist demnach lediglich im Jahr der Antragstellung zwingend erforderlich; in den Folgejahren innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Zeitraums sind diese seitens des Finanzamts zu unterstellen. Dass der Steuerpflichtige nach der wirksamen Antragstellung für den Veranlagungszeitraum 2010 kein Anteilseigner der GmbH mehr war, ist damit für die Folgejahre unerheblich. Die streitigen Schuldzinsen kann er demzufolge nach Maßgabe des Teilabzugsverbots zu 60 % als Werbungskosten geltend machen. Dies entspricht auch dem Normzweck der Regelung. Denn der Gesetzgeber nimmt durch die Optionsmöglichkeit zum Teileinkünfteverfahren die Bezüge aus „unternehmerischen Beteiligungen“ und die damit im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen von der abgeltenden Besteuerung einschließlich des Werbungskostenabzugsverbots aus. Dies gilt selbst dann, wenn solchen Aufwendungen während der Antragsdauer keine Kapitalerträge gegenüberstehen.
 

Hinweis:

Der BFH hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung im Urteil vom 12.12.2023 (Az. VIII R 2/21) fest, wonach die Voraussetzungen für die Option zum Teileinkünfteverfahren nur im Erstjahr der Antragstellung vorliegen und nachgewiesen werden müssen. Damit besteht die Möglichkeit, das Abzugsverbot aus § 20 Abs. 9 EStG auch für die nachlaufenden Werbungskosten der nicht mehr bestehenden Beteiligung zu vermeiden. Werbungskosten scheiden allerdings aus, wenn der bzw. die Steuerpflichtige im Jahr der Antragstellung zu keiner Zeit Geschäftsanteile hielt.