Steuererstattung für Verdienstausfallschaden einkommensteuerpflichtig

Steuererstattung für Verdienstausfallschaden einkommensteuerpflichtig

Ist ein Steuerpflichtiger bzw. eine Stuerpflichtige infolge eines fremdverschuldeten Schadensereignisses nicht mehr in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, kann sie bzw. er nach zivilrechtlichen Maßstäben einen sog. Verdienstausfallschaden erhalten. Der BFH (Bundesfinanzhof) hatte in seinem Urteil vom 15.10.2024 (Az. IX R 5/23) die Rechtsfrage zu klären, ob es sich bei der Einkommensteuer, die dafür zu zahlen und dann vom Schädiger bzw. dessen Versicherer zu ersetzen ist, um einkommensteuerpflichtige Einkünfte oder einen nicht steuerbaren Auslagenersatz handelt.

Eine nichtselbständig tätige Steuerpflichtige wurde im Streitfall aufgrund eines medizinischen Behandlungsfehlers erwerbsunfähig. Ihren Verdienstausfallschaden erhielt sie von der Versicherung des Schädigers ersetzt. Nach der sog. Nettolohnmethode wurde zunächst der ausgefallene Nettoverdienst und später die hierauf tatsächlich angefallene Einkommensteuer erstattet. Das Finanzamt behandelte die Zahlungen insgesamt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Gegen die Besteuerung der Steuererstattungen trug die Steuerpflichtige vor, dass es sich dabei nicht um einen Ersatz für entgangene Einnahmen handele, sondern um einen Steuerschaden, dessen Ersatz nicht steuerbar sei. Sowohl das erstinstanzliche FG Baden-Württemberg als auch der BFH folgten der Auffassung des Finanzamts.

Denn ist der Schädiger oder dessen Versicherer dem Geschädigten gegenüber zum Ersatz dessen Verdienstausfalls verpflichtet, erstreckt sich die Ersatzpflicht auch auf die hierauf entfallende Steuer. Es handelt sich somit zivilrechtlich um zwei unmittelbar miteinander im Zusammenhang stehende Positionen eines Verdienstausfallschadens. Dies hat steuerrechtlich zur Folge, dass nicht nur der gezahlte Ausfall des Nettoverdienstes, sondern ebenso die vom Schädiger erstattete Steuerlast als steuerbare Entschädigung zu behandeln ist. Ein nicht steuerbarer Ausgabenersatz liegt insoweit nicht vor.

Es handelt sich auch nicht um den Ersatz eines echten Steuerschadens. Voraussetzung hierfür wäre eine Vermeidbarkeit des Schadens. Dies hat der BFH bspw. für den Fall angenommen, dass ein Arbeitgeber für eine überhöhte Einkommensteuerfestsetzung Schadenersatz an den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin zu leisten hatte. Begründet wurde dies damit, dass Schadenersatz, der wegen einer überhöhten Steuerfestsetzung zu leisten ist, dem Ausgleich einer Vermögensbuße dient, die nicht in der Erwerbs-, sondern in der Privatsphäre eingetreten ist. Dieser Rechtsgrundsatz ist auf den Ersatz eines Verdienstausfallschadens aber nicht übertragbar. Denn mit der Erstattung der auf den Schaden entfallenden Steuer ersetzt der Schädiger keinen vermeidbaren Steuerschaden des Geschädigten bzw. der Geschädigten, sondern die rechtmäßige Steuerfolge aus dem Ersatz des (Netto-)Verdienstausfalls. Eine Freistellung dieser Steuererstattung würde in einem Widerspruch zur sog. Bruttolohnmethode stehen, welche die Besteuerung des in einem Zuge ausgezahlten Gesamtbetrags der Entschädigung zur Folge hätte.

Der BFH bestätigte ebenfalls die erstinstanzlichen Feststellungen hinsichtlich der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG. Diese schied zum einen aus, da im entschiedenen Fall die hierfür erforderliche Außerordentlichkeit der Verdienstausfallentschädigung nicht vorlag. Die Versicherung erstattete den Verdienstausfallschaden nämlich nicht zusammengeballt, sondern in zeitlich gestreckten Zahlungen über mehrere Veranlagungszeiträume. Zum anderen stellt der Verdienstausfallschaden aus Sicht des BFH auch keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar, da es sich um eine Vergütung für die Nichtausübung einer Tätigkeit aufgrund einer zivilrechtlichen Schadenshaftung handelte.
 

Hinweis:
Im Ergebnis soll die einkommensteuerrechtliche Beurteilung eines zivilrechtlichen Verdienstausfallschadens unabhängig davon erfolgen, ob dafür nun die Netto- oder die Bruttolohnmethode zugrunde liegt. Maßstab für die Schadensberechnung nach der Bruttolohnmethode ist der entgangene Bruttoverdienst – also inkl. Steuern und Sozialversicherungsabgaben - der Geschädigten bzw. des Geschädigten. Nach der Nettolohnmethode berechnet sich der zu ersetzende Schaden zeitlich gestreckt. Letztgenannte Vorgehensweise kann daher mitunter einen höheren Verwaltungsaufwand sowohl aufseiten des Schädigers als auch aufseiten des Geschädigten bedeuten, wie der Streitfall zeigt.