Niedersächsisches FG entscheidet über Nichtanwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes bei einem kombi


Der Sachverhalt

Der 5. Senat des Finanzgerichts Niedersachsen entschied mit Urteil vom 23.05.2023 (veröffentlicht erst im März 2024!) über die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes beim Betrieb eines Schwimmbades mit integriertem Saunabereich. Das Schwimmbad wurde von einer Gebietskörperschaft, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art betrieben. Die Räumlichkeiten des Schwimmbades bein-halteten ein Sportschwimmbecken, ein Multifunktionsbecken sowie einen Sauna- und Außenbereich. Der Zugang zum Saunabereich, der im Untergeschoss liegt, war über eine Eingangstür mit Chiplesegerät möglich, das im Streitjahr jedoch nicht ordnungsgemäß funktionierte. Somit konnte jeder Gast des Schwimmbades auch Zutritt zur Sauna erhalten. Der Betreiber bewarb die Kombination aus Sauna und Schwimmbad und bot beide Leistungen zu einem einheitlichen Preis an. 

In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 2. Quartal 2020 meldete der Betreiber die Umsätze aus dem Schwimmbad- und Saunabetrieb teilweise zum ermäßigten Steuersatz von 7 % an. Das Finanzamt korrigierte nach einer Umsatzsteuersonderprüfung die Umsatzsteuervorauszahlung und unterwarf alle Einnahmen aus dem Schwimmbad- und Saunabetrieb dem Regelsteuersatz von 19 %. Gegen einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid aus 2023 wehrte sich der Betreiber mit seiner Klage und argumentierte, dass das Leistungsangebot überwiegend durch die Nutzung des Schwimmbades geprägt sei und daher der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden sei. 

Entscheidungsgründe des FG Niedersachsen 

Das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts stellt fest, dass die Klage unbegründet und die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung für 2020 rechtmäßig ist. Das beklagte Finanzamt hat korrekt die streitgegenständlichen Umsätze aus der Einräumung der Nutzungsberechtigung für das Schwimmbad und die Sauna zum Regelsteuersatz besteuert. 

Das FG argumentiert, dass die kombinierte Nutzungsmöglichkeit aus Schwimmbad und Sauna ein einheitliches Leistungspaket darstellt, das nicht künstlich aufgespalten werden kann. Beide Komponenten, Schwimmen und Saunieren, bilden in diesem Fall aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eine kombinierte, untrennbare wirtschaftliche Einheit. Obwohl die Nutzung der Sauna nicht als Nebenleistung zur Schwimmbadnutzung anzu-sehen ist, da sie einen eigenständigen Zweck verfolgt, führe die Kombination beider Leistungen zu einer neuen, einheitlichen Leistung. Dafür spreche im vorliegenden Fall besonders der einheitliche Eintrittspreis, die vom Betreiber durchgeführten Werbemaßnahmen, die die Einheitlichkeit der Leistung betonten, sowie die umfang-reiche Ausstattung des Saunabereichs. Dies sieht das FG als Anhaltspunkte dafür, dass die Saunanutzung nicht als Nebenbestandteil der Leistung hinter der Schwimmbadnutzung zurücktritt. Auch folgt das FG den Ausführungen des Finanzamtes in Bezug auf die Anwendbarkeit des Regelsteuersatzes bei einem kombinierten Leistungsangebot. Es führte dazu aus, dass die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 S. 1 UStG schon ihrem Wortlaut nach ausscheide, da dieser nur auf Umsätze anzuwenden ist, die unmittelbar aus dem Schwimm- oder Heilbadbetrieb entstehen. Auch eine teilweise Anwendung der Steuersatzermäßigung nur auf solche Umsätze aus dem Schwimmbadbetrieb kommt nicht in Betracht, da die angebotene Leistung in den Augen des Gerichts einheitlich, d.h. nicht teilbar, ist. In solchen Fällen lehnte bereits der BFH in seinem Urteil vom 02.08.2018 eine anteilige Steuerermäßigung ab. Weiterhin betont das FG, in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH und BFH, dass auch das Vorhandensein unterschiedlicher Nutzungsumfänge keinen Einfluss auf die einheitliche Behandlung dieser Leistung hat. Der von der Klägerin angeführte Nutzungsumfang der Sauna von nur 17 % sei jedenfalls in quantitativer Hinsicht nicht mehr nur von untergeordneter Bedeutung. 

Um den ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden zu können, hätte der Betreiber des Schwimmbades seine Betriebsabläufe erheblich anpassen müssen. Dies betrifft laut FG insbesondere die Zugangskontrolle zur Sauna. Nur wenn die Sauna klar gegenüber dem sonstigen Schwimmbad abgegrenzt wird, z.B. räumlich durch ein funktionierendes Chiplesegerät, kann von nichteinheitlichen, getrennten Leistungen ausgegangen werden, die evtl. einzeln einen Steuerermäßigungstatbestand erfüllen könnten.

Da der Urteilsfall auf Würdigung der Umstände des Einzelfalls beruht, wurde eine Revision nicht zugelassen.