Tax & Legal UPDATE KW 02-2025
Tax & Legal UPDATE KW 02-2025
Rechtsprechung - gewerblicher Bereich
Feststellung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen
BFH, Beschluss vom 09.08.2024, X B 94/23
1. Für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestandsmerkmale ist auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen (vgl. Senatsbeschluss vom 27.11.2020 - X B 63/20, BFH/NV 2021, 531, Rz 7).
2. Für die erforderliche Feststellung der Sanierungseignung enthält das Gesetz keine feste Beweisregel dahingehend, dass ein bestimmtes Kriterium, aus dem die Sanierungseignung abgeleitet werden kann, unbedingt vorliegen müsste. Wesentliche Indizien für das Bestehen von Sanierungseignung sind unter anderem das Vorliegen eines nachvollziehbaren und prüfbaren Sanierungskonzepts oder ein rückblickend erfolgreicher Abschluss der Sanierung.
3. Das Tatbestandsmerkmal der "Sanierungsabsicht der Gläubiger" hat im Rahmen des § 3a Abs. 2 EStG eine eigenständige Relevanz (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 27.11.2020 - X B 63/20, BFH/NV 2021, 531, Rz 9). Damit wäre es unvereinbar, das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals stets bereits dann zu vermuten, wenn ein einzelner Gläubiger im Zusammenhang mit einer Sanierung auf eine Forderung ganz oder teilweise verzichtet.
Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; sie war seit dem 29.08.2024 als NV-Entscheidung abrufbar.
Steuerbarkeit von Geschäftsführungsleistungen einer Praxisgemeinschaft
BFH, Beschluss vom 04.09.2024, XI R 37/21
1. Eine zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks nach außen auftretende Praxisgemeinschaft ist Unternehmerin.
2. Eine aus Ärzten bestehende Praxisgemeinschaft, die Leistungen für die Führung ihrer eigenen Geschäfte bezieht, erbringt nicht zwangsläufig gleichzeitig Geschäftsführungsleistungen an ihre Mitglieder.
3. Eine aus Ärzten bestehende Praxisgemeinschaft, die mit einer bei ihr angestellten Arbeitnehmerin Reinigungsleistungen an ihre Mitglieder ausführt und steuerfreie Leistungen von Subunternehmern bezieht, um die bezogenen Leistungen unmittelbar an ihre Mitglieder für die Ausübung von deren ärztlicher Tätigkeit weiterzuleiten, kann sich für Besteuerungszeiträume vor Einführung des § 4 Nr. 29 UStG erfolgreich auf die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL berufen, wenn die Praxisgemeinschaft hierfür lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert und aufgrund der Gewährung der Steuerbefreiung keine Wettbewerbsverzerrungen drohen.
Umfang der Besteuerung nach Durchschnittssätzen bei einer Putenmast
BFH, Urteil vom 29.08.2024, V R 15/23
Verpflichtet sich ein § 24 Abs. 1 UStG anwendender Tierzuchtbetrieb gegen Entgelt über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende Bedingungen für eine tiergerechte und nachhaltige Fleischerzeugung einzuhalten, liegt eine § 24 Abs. 1 UStG unterliegende Leistung vor.
Kein dual-use bei Ausnutzung der Transporteigenschaft von Rauchgas aus der Verbrennung von Erdgas
BFH, Urteil vom 12.11.2024, VII R 38/22
Die Verbrennung von Erdgas hat neben dem Verheizen keinen zweiten Verwendungszweck im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes, wenn das durch das Verheizen von Erdgas entstehende Rauchgas zwar passgenau in den weiteren Produktionsprozess eingebunden ist, dafür aber allein die dem Rauchgas immanente Transporteigenschaft ausgenutzt wird.
Begriff "Unternehmen in Schwierigkeiten" nach § 2a Abs. 2 Satz 1 StromStG
BFH, Urteil vom 07.10.2024, VII R 14/21 (NV)
1. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines "Unternehmens in Schwierigkeiten" nach § 2a Abs. 2 Satz 1 des Stromsteuergesetzes (StromStG) erfüllt, kann dieses Ergebnis nicht im Einzelfall widerlegt werden; es handelt sich nicht lediglich um eine gesetzliche Vermutung.
2. Bei dem Begriff des "Unternehmens in Schwierigkeiten" nach § 2a Abs. 2 Satz 1 StromStG ist eine Fortführungsprognose kein Prüfungskriterium.
Schenkungsteuer: Disquotale Einlage in KGaA keine Schenkung an persönlich haftenden Gesellschafter
FG Hamburg, Urteil vom 15.10.2024, 3 K 134/22, Revision BFH II R 32/24
1. Eine disquotale Einlage in die Kapitalrücklage einer KGaA stellt keine Schenkung an den persönlich haftenden Gesellschafter dar (Bestätigung von FG Hamburg, Urteil vom 11.07.2023, 3 K 188/21, EFG 2023, 1466).
2. § 7 Abs. 9 ErbStG ist nicht rückwirkend anwendbar und findet daher nur auf Sachverhalte Anwendung, die nach Inkrafttreten der Norm verwirklicht worden sind.
Rechtsprechung - privater Bereich
Erstattung der Steuerzahlung für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig
BFH, Urteile vom 15.10.2024, IX R 5/23 und IX R 26/23 (NV); Pressemitteilung vom 09.01.2025
BDO Website, Insight
1. Der einem Steuerpflichtigen zu gewährende Ersatz eines Verdienstausfallschadens führt auch in Höhe der hierauf entfallenden Einkommensteuer zu steuerbaren Einkünften gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
2. Die erst in einem späteren Veranlagungszeitraum vom Schädiger erstattete Steuerlast auf den Verdienstausfallschaden hat zur Folge, dass keine für eine tarifermäßigte Besteuerung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG erforderliche Zusammenballung von Einkünften vorliegt.
3. Der Ersatz eines Verdienstausfallschadens stellt keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar.
Rechtsprechung - Verfahrensrecht
Zur Reichweite der Überprüfungsbefugnis einer Behörde im Einspruchsverfahren
BFH, Urteil vom 17.09.2024, VII R 3/22
1. Wird ein Steuerbescheid über Alkopopsteuer mit dem Einspruch angefochten, ist die Überprüfungsbefugnis der Behörde gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung auf den im Steuerbescheid angegebenen Lebenssachverhalt beschränkt, sodass die Festsetzung der Alkopopsteuer nicht nachträglich auf einen anderen Lebenssachverhalt gestützt werden darf.
2. Weist die Behörde in einem Bescheid ausdrücklich darauf hin, dass hiergegen ein Einspruch nicht zulässig sei, und wird der Adressat des Bescheids dadurch von der Einlegung eines Einspruchs abgehalten, kann ihm dies nicht entgegengehalten werden, weil es sich hierbei um einen Fall höherer Gewalt handelt, der dem Adressaten des Bescheids die Einlegung eines Einspruchs unmöglich machte.
Bekanntgabe eines Gewinnfeststellungsbescheids im Fall einer nicht mehr existenten Personengesellschaft
BFH, Urteil vom 30.10.2024, IV R 4/23 (NV)
1. Ein Gewinnfeststellungsbescheid richtet sich ‑‑ungeachtet dessen, ob im Zeitpunkt seines Erlasses die Personengesellschaft noch besteht oder bereits vollbeendet ist‑‑ seinem Inhalt nach stets gegen die Gesellschafter (Mitunternehmer). Für die Wirksamkeit eines solchen Bescheids kommt es (nur) darauf an, dass sich aus seinem gesamten Inhalt ergibt, für welche Personen der Gewinn festgestellt wird und wie hoch der Gewinnanteil der einzelnen Gesellschafter ist (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Der Umstand, dass eine nicht mehr existente Personengesellschaft in das Adressfeld des Bescheids aufgenommen wird, steht einer wirksamen Benennung der Inhaltsadressaten nicht entgegen, wenn sich aus dem Bescheid die weiteren Angaben über die Gesellschafter entnehmen lassen (Bestätigung der Rechtsprechung).
Finanzverwaltung
Kleinbetragsregelung im Erhebungsverfahren
BMF, Schreiben vom 02.01.2025
Das BMF macht die neue Regelung bekannt, welche mit sofortiger Wirkung die Regelung im BMF-Schreiben vom 22. März 2001 ersetzt.
Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden
BMF, Mitteilung und Schreiben vom 23.12.2024
Das BMF hat sein Schreiben zur Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (§ 35c EStG) neu gefasst und die bisherigen Musterbescheinigungen zu einem einheitlichen Muster zusammengeführt.
Programmablaufpläne für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer
BMF, Mitteilung vom 06.01.2025
Es werden der Entwurf des Bekanntmachungsschreibens zum geänderten Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer und zum Programmablaufplan für die Erstellung von Lohnsteuertabellen jeweils für 2025 (Anwendung spätestens ab dem 1. März 2025) sowie die Entwürfe der Programmablaufpläne (Anlagen 1 und 2) veröffentlicht.
Sonstiges
Portal für Kleinunternehmer
EU-Kommission, Portal
Die EU-Kommission hat ein Portal eingerichtet, auf dem insbesondere Leitlinien („explanatory notes“) sowie ein kompakterer Guide zu den Umsatzsteuerregelungen für kleine Unternehmen zu finden sind. Das Portal befindet sich noch im Aufbau und ist bislang nur in englischer Sprache verfügbar.
Bekanntgabe des Basiszinssatzes zum 01.01.2025: Anpassung auf 2,27 %
Deutsche Bundesbank, Pressemitteilung vom 30.12.2024
Die Deutsche Bundesbank hat den Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum 01.01.2025 von 3,37 % auf 2,27 % gesenkt.
New Publications on the Internet
Tax refund for loss of earnings compensation is taxable
BDO Website, Insight
According to the BFH ruling of October 15, 2024 (case no. IX R 5/23), the tax refund for a loss of earnings compensation leads to taxable income.