Erweiterte Gewerbesteuerkürzung: Schädliche Mitvermietung einer Betriebsvorrichtung
Erweiterte Gewerbesteuerkürzung: Schädliche Mitvermietung einer Betriebsvorrichtung
Für die Ermittlung des Gewerbeertrags wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG). Anstelle der einfachen Kürzung tritt nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten etc. betreuen, errichten bzw. veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Besondere Bedeutung entfaltet die erweiterte Kürzung bei Kapitalgesellschaften; sie induziert bei Kapitalgesellschaften eine Ertragsteuerbelastung von aktuell 15,825 %, was insbesondere bei fremdfinanzierten Immobilien zu einem erheblichen Liquiditätsvorteil führen kann.
Ausnahmen von dem Ausschließlichkeitserfordernis gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG wegen Geringfügigkeit oder aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind nach BFH-Rechtsprechung nicht geboten. Ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot bspw. im Rahmen der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen führt daher grundsätzlich zur vollständigen Versagung der erweiterten Kürzung. Allerdings ist seit dem Veranlagungszeitraum 2021 § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c) GewStG zu beachten, wonach Betriebsvorrichtungen kürzungsunschädlich mitvermietet werden können, wenn die anderen Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern 5 % der Mieteinnahmen nicht überschreiten.
Aufgrund der weitreichenden Bedeutung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung hat sich die finanzgerichtliche Rechtsprechung oftmals mit diesbezüglichen praxisrelevanten Fragen zu befassen und zu klären, ob die erweiterte Kürzung im Einzelfall zur Anwendung gelangt oder nicht, wie beispielsweise das FG Hamburg in seinem Urteil vom 15.05.2024, Az. 2 K 76/22 (rechtskräftig), das zu den Veranlagungszeiträumen 2016 bis 2018 ergangen ist.
Im Streitfall überließ eine Vermieterin eine Lagerhalle mit Lastenaufzug und Paletten-Förderanlage an eine GmbH. Die Paletten-Förderanlage war fest mit dem Hallenboden und dem rückwärtigen Mauerwerk verbunden und wurde seitens der Vermieterin deutlich vor Beginn des Mietverhältnisses mit der GmbH errichtet. Es bestand hierüber weder ein gesonderter Mietvertrag noch war im zugrundeliegenden Mietvertrag ein gesonderter Mietzins vereinbart. Die Vermieterin machte für ihre (gewerblichen) Erträge aus dem Mietverhältnis mit der GmbH in ihren Gewerbesteuererklärungen die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG geltend. Im Rahmen einer Betriebsprüfung versagte das Finanzamt diese Vorgehensweise und vertrat die Auffassung, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung wegen der mitvermieteten Paletten-Förderanlage als Betriebsvorrichtung ausgeschlossen sei. Dem schloss sich das FG Hamburg an.
Gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG i.V.m. § 68 BewG gehören zum Grundbesitz u.a. der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, aber nicht Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage, sprich Betriebsvorrichtung, gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient. Im Rahmen des Geschäftsbetriebs der GmbH wurden in erheblichem Umfang Waren eingelagert und unter Zuhilfenahme der Paletten-Förderanlage innerhalb der Lagerhalle an die dafür vorgesehenen Plätze gebracht. Die Anlage stand somit in einem besonderen Zusammenhang mit dem Warenumsatz der GmbH und nicht nur mit der Gebäudenutzung, sodass durch sie das Gewerbe der GmbH unmittelbar betrieben wurde. Folglich stellte sie eine Betriebsvorrichtung und keinen Gebäudebestandteil dar.
Die Mitvermietung der Paletten-Förderanlage war vorliegend auch kein unschädliches Nebengeschäft, da sie kein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung war. Die BFH-Rechtsprechung setzt das Merkmal „zwingend notwendig“ mit „unentbehrlich“ gleich. Die Frage der Unentbehrlichkeit ist anhand der Marktlage für vergleichbare Grundstücke festzustellen und bereits dann zu verneinen, wenn die Grundstücksverwaltung und -nutzung zu etwa gleichen Bedingungen auch ohne dieses Nebengeschäft hätte durchgeführt werden können.
So war vorliegend eine Nutzung des Grundbesitzes als Lagerhalle nach Auffassung des FG Hamburg auch ohne die Paletten-Förderanlage ausschließlich über die vorhandenen Lastenaufzüge wirtschaftlich sinnvoll möglich. Ebenso wenig spielte es für die begehrte Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung eine Rolle, dass die Anlage fest mit dem Grundstück verbunden war. Zwar wird in der Fachliteratur die Mitvermietung einiger Betriebsvorrichtungen, wie bspw. Licht-, Wasser-, Klima-, Brandmelde- und Sprinkleranlagen sowie Lastenaufzüge, Alarmmelder, Einbauschränke oder Verkabelungen, für kürzungsunschädlich gehalten. Im Streitfall bestand aber die Besonderheit, dass in der vermieteten Lagerhalle zusätzlich zu der Paletten-Förderanlage ein Lastenaufzug vorhanden war, durch den die eingelagerten Waren gleichermaßen hätten transportiert werden können. Auch der Umstand, dass die Entfernung der Paletten-Förderanlage nur schwer und unter erheblichem Aufwand möglich gewesen wäre, lässt keine Schlussfolgerung auf deren zwingend notwendige Mitvermietung zu.
Hinweise:
Die Frage zur Anwendbarkeit der erweiterten Gewerbesteuerkürzung hätte das FG Hamburg im Streitfall auch zugunsten der Vermieterin entscheiden können. So ist das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 23.11.2023, Az. 14 K 1037/22 G F (Revision BFH IV R 31/23), der Auffassung, dass eine Einrichtung, die aufgrund ihrer festen Verbindung mit dem Gebäude nur schwer und unter erheblichem Aufwand entfernt werden kann, im Regelfall zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung ist. Das FG Hamburg sieht es jedoch nicht als geboten an, aus dem nachweislich erhöhten Aufwand im Falle einer Entfernung der Paletten-Förderanlage auf die zwingende Notwendigkeit ihrer Mitvermietung zu schließen; die Anlage wurde nämlich nachträglich in die Lagerhalle eingebaut. Vergleichbare strittige Fälle sollten daher mit Verweis auf die gegen das Urteil des FG Düsseldorf anhängige Revision verfahrensrechtlich offen gehalten werden. Die unterschiedliche Würdigung der beiden Finanzgerichte zeigt, dass die Gewährung der erweiterten Kürzung maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist.
Im Rahmen einer vorab noch möglichen Gestaltung zur Vermeidung einer strittigen Konstellation sollten Mietverhältnisse auf zwei Vermietergesellschaften (am sichersten auf zwei Kapitalgesellschaften) separiert werden, und zwar auf eine Grundbesitz- und auf eine Betriebsvorrichtungengesellschaft. Beide Gesellschaften schließen dann rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängige Verträge mit dem Mieter ab, was insbesondere im Fall der Erst- oder Neuvermietung gut umsetzbar ist. Im Fall der Fortführung eines bereits bestehenden Mietvertrags wird die Aufspaltung auf zwei Mietverhältnisse ggf. auf Widerstand des Mieters stoßen. Eine Umgehung dahingehend, dass die Grundbesitzgesellschaft die Betriebsvorrichtungen von der Betriebsvorrichtungengesellschaft an- und an den Endmieter weitervermietet, führt dazu, dass die Grundbesitzgesellschaft fremdes Betriebsvermögen nutzt und damit die Voraussetzung der Eigennutzung für die Anwendbarkeit der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nicht mehr erfüllt.
Fraglich ist zudem, ob eine Begrenzung der Kürzungsschädlichkeit ausschließlich auf entgeltliche Tätigkeiten vorzunehmen ist oder ob auch bei ertraglosen Tätigkeiten die erweiterte Kürzung gefährdet ist (vgl. Revision BFH III R 23/23). Vor diesem Hintergrund kann auch eine Konstellation, wonach Betriebsvorrichtungen unentgeltlich überlassen werden und der Mieter die sonstigen damit verbundenen Aufwendungen wirtschaftlich trägt, steuerlich ggf. nicht anerkannt werden. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Veräußerung von Betriebsvorrichtungen – sofern praktisch umsetzbar - sicherer.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer hat der EuGH auf ein Vorabentscheidungsersuchen des BFH in seinem Urteil vom 04.05.2023, Az. C-516/21, entschieden, dass die als Nebenleistung einzustufende Vermietung von Betriebsvorrichtungen umsatzsteuerlich das Schicksal der i.d.R. umsatzsteuerbefreiten Gebäudevermietung teilt. Im Ergebnis erfolgt also weder eine Aufteilung in einen umsatzsteuerpflichtigen Teil im Hinblick auf die Betriebsvorrichtungen und einen umsatzsteuerbefreiten Teil im Hinblick auf die Gebäudevermietung noch eine Versagung der Umsatzsteuerbefreiung. Der BFH hat sich der EuGH-Auffassung unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsauffassung in seinem Urteil vom 17.08.2023, Az. V R 7/23, angeschlossen.
Die Divergenz der BFH-Senate zeigt einmal mehr, dass die Tücke im Detail steckt und die Sachverhalte aus ertragsteuerlicher und umsatzsteuerlicher Sicht zu für den Laien unerwarteten Ergebnissen mit teilweise schwerwiegenden finanziellen Belastungen führen können.