Schenkung bei Gewährung niedrig verzinslicher Darlehen
Schenkung bei Gewährung niedrig verzinslicher Darlehen
Die Vereinbarung von Darlehensverträgen mit einem darin ausgewiesenen besonders niedrigen Zinssatz kann eine steuerpflichtige Schenkung auslösen, wie das Urteil des BFH vom 31.07.2024, Az. II R 20/22, (Vorinstanz FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27.04.2022, Az. 3 K 273/20) zeigt.
Im Streitfall schlossen Schwester und Bruder einen Darlehensvertrag i.H.v. ca. EUR 1,8 Mio. mit Grundschuldbestellung ab. Sie gewährte das endfällige Darlehen auf unbestimmte Zeit mit einem Festzinssatz von 1 % p.a. Eine Schenkungsteuererklärung wurde nicht abgegeben. Dennoch ging das Finanzamt im Zeitpunkt des ausgezahlten Darlehensbetrags im Hinblick auf den Jahreswert des Nutzungsvorteils von einem steuerpflichtigen Erwerb aus und setzte Schenkungsteuer i.H.v. EUR 229.500 gegen den Darlehensnehmer fest. Schenkung sei die Differenz zwischen tatsächlich vereinbartem Zinssatz und dem in § 15 Abs. 1 BewG gesetzlich fixierten Zinssatz von 5,5 % p.a. und betrage somit 4,5 %.
Auffassung des Finanzgerichts
Die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen, stellt eine freigebige Zuwendung dar, die nach den Regeln des Bewertungsgesetzes zu bewerten ist. Wird das Darlehen nicht zinslos, sondern – wie hier - mit einem niedrigen Zinssatz gewährt, liegt ebenfalls eine freigebige (teilentgeltliche) Zuwendung vor. In diesem Fall ist der Jahreswert des Nutzungsvorteils in Anlehnung an die diesbezüglich bisher ergangene BFH-Rechtsprechung mit 5,5 % Zinsen abzüglich des vereinbarten Zinssatzes zu berechnen, wenn kein anderer Wert feststeht.
Ein anderer Jahreswert des Nutzungsvorteils steht nicht bereits dann fest, wenn Darlehensgeber oder Darlehensnehmer durch eine verzinsliche Anlage des Darlehensbetrags bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen lediglich eine niedrigere Rendite als 5,5 % im Jahr hätten erzielen können. Vergleichsmaßstab ist vielmehr der marktübliche Zinssatz, der bei der Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu - abgesehen von der Zinslosigkeit - vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre. So betrugen die Kreditzinsen unter Einbeziehung der im Streitfall einschlägigen Gegebenheiten im Jahresdurchschnitt ca. 3 %. Der Darlehensnehmer musste also im Vergleich dazu lediglich ein Drittel der Zinsen an seine Schwester zahlen, die er am freien Markt hätte bezahlen müssen. Es ist mithin davon auszugehen, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung im Streitfall unentgeltlich und der Wertunterschied den Vertragsparteien auch bewusst war. Den vom Darlehensnehmer vorgelegten Kreditangeboten anderer Banken maß das Finanzgericht mangels Vergleichbarkeit keine Bedeutung bei.
Das Finanzgericht erkannte hinsichtlich der Anwendung des Zinssatzes von 5,5 % ferner auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Auffassung des BFH
Das Finanzgericht hat die zinsverbilligte Darlehensgewährung zwischen den Geschwistern zwar zutreffenderweise als eine der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung angesehen. Allerdings bestimmt sich die Höhe der Bemessungsgrundlage nicht aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz von 1 % und dem sich nach § 15 Abs. 1 BewG ergebenden gesetzlichen Zinssatz von 5,5 %. Denn entgegen der Auffassung des Finanzgerichts stand anhand der allgemeinen jahresbezogenen Kreditzinsen über die Deutsche Bundesbank ein niedrigerer marktüblicher Wert fest.
So stellte bereits das Finanzgericht fest, dass die Darlehenszinsen für einen wie im Streitfall gelagerten Sachverhalt (wirtschaftlich selbständige Person; Zinsbindung von ein bis fünf Jahren) im Durchschnitt des Streitjahres bei 2,81 % effektiv lagen. Demzufolge betrug die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz von 1 % und dem laut Angaben der Deutschen Bundesbank zu zahlenden Zinssatz von 2,81 % nominal 1,81 %; dieser Zinssatz ist auch als ein „anderer Wert“ i.S.d. § 15 Abs. 1 BewG anzusehen. Für die Ermittlung des Werts der Bereicherung ist somit dieser festgestellte Wert und nicht der in § 15 Abs. 1 BewG normierte gesetzliche Zinssatz heranzuziehen. Dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 BewG ist auch nicht zu entnehmen, dass der ein anderer Wert nachgewiesen werden muss; es reicht das Feststehen eines anderen Wertes. Darauf basierend berechnete der BFH die Schenkungsteuer neu und setzte diese i.H.v. EUR 59.140 fest.
Auch wenn der Steuerpflichtige keinen anderen Wert als den gesetzlich definierten Zinssatz von 5,5 % aktiv nachweisen muss, sollte bei niedrig verzinslichen Darlehen bspw. über Kreditangebote anderer Banken belegt werden, dass der verbilligte Zinssatz marktüblich ist. Nur dann liegt keine freigebige Zuwendung vor. Hierzu sollten verbindliche (nicht freibleibende!) Angebote mit vergleichbaren Konditionen insbesondere im Hinblick auf Laufzeit, Tilgung und Sicherheiten zeitgleich mit der Darlehensgewährung eingeholt oder alternativ ein vergleichbarer Bundesbankzinssatz ermittelt und dokumentiert werden.